Leider fehlen bei diesem Reisebericht inzwischen die meisten Fotos, weil ich die von Andres Webseite direkt verlinkt hatte und seine Seite offenbar umgezogen ist.

1. Tag: Münster – Heiligenhafen – Spodsbjerg (17.04.2004)

Die Arnd sticht in See

6 Uhr morgens ist definitiv vor dem Aufstehen. Trotzdem hatte ich es irgendwie geschafft, rechtzeitig aus dem Bett zu kommen und meine Sachen zusammen zu rödeln, bevor Ekkehard mich abholen kam. Ekkehard kannte ich vorher nur aus einem kurzen Telefonat. Peer, einem weiteren Crewmitglied, war ich noch gar nicht begegnet. Wir sammelten dann noch Christian ein und auf ging es nach Heiligenhafen. Dort gelang es uns dann trotz falscher Handynummer, in dem doch recht weitläufigen Yachthafen den Rest unserer Crew und natürlich unser Boot zu finden.

Die „Arnd“ ist fast 20 Jahre alt, etwas über 12 m lang und hat halt alles das, was ein Segelschiff wohl so braucht. Auffälligstes Merkmal war unsere Genua (für Nichtsegler: das ist das große Focksegel). Die war nämlich nicht weiß, wie man das von Segeln sonst so kennt, sondern hübsch bunt orange/blau mit einem grünen einäugigen Pixar-Alien darauf. Ich fand es prima, Volker, unser Skipper, war weniger begeistert. Auf jeden Fall war es aber, wie wir im Laufe des Törns noch herausfinden durften, ein prima Segel.

Die Crew bestand insgesamt aus sieben Leuten, wobei ich das einzige Weibchen an Bord war, was mir bald den Spitznamen „Püppi“ einbrachte. Außerdem waren dabei:
– Volker, unser Skipper, großer Segelfreund, der schon die vorangegangene Woche mit der Arnd unterwegs gewesen war,
– Ekkehard, Volkers Vater,
– Peer, mit 20 Jahren der jüngste an Bord, mit 2,04 m aber auch der längste, liebevoll „der Kleine“ genannt
– Christian, der bisher, wie ich auch, noch nie gesegelt war
– Andre, eifriger Hobbyfotographierer, verantwortlich für die meisten Bilder in diesem Reisebericht
– Marco, von Beruf Polizeibeamter, deshalb auch liebevoll „Sheriff“ oder „Drogenfahnder“ genannt

overviewDa die Arnd in der Vorwoche Probleme mit dem Anlasser hatte, verzögerte sich unsere Abfahrt etwas, weil noch ein Service-Techniker an Bord war. Aber am frühen Nachmittag konnten wir dann unsere Klamotten an Bord verstauen und loslegen.

Auf Ziel oder Richtung hatten wir uns bis dahin noch gar nicht festgelegt, wir starteten erst mal Richtung Norden, auf Langeland zu, was uns eigentlich alle weiteren Möglichkeiten offen ließ.

Da ich ja bisher überhaupt noch nie gesegelt war, versuchte ich erst einmal, mir einzuprägen, wozu eigentlich die ganzen Leinen da waren, die da so kreuz und quer über das Deck verliefen, aber es hat schon ein paar Tage gebraucht, bis ich sicher sagen konnte, an welcher Leine man jetzt ziehen muss um diesen oder jenen Effekt zu erzielen. Außerdem habe ich dann noch schnell ein paar Knoten geübt.

Das Wetter war dankenswerterweise ziemlich freundlich. Trotzdem muss ich zugeben, dass ich Wind und vor allen Dingen Wellen für den ersten Tag durchaus als ausreichend empfunden habe, und bei aller Freude am Neuen ganz froh war, als wir in Spodsbjerg vor Anker gingen. Schaukelt ja doch ganz schön, so eine Segelyacht.

Wetter wird ja überhaupt beim Segeln plötzlich ein ganz wichtiges Thema. Wir bekamen als Service unseres Vercharterers zweimal am Tag eine SMS mit Wettervorhersage aufs Handy. Außerdem lauschten wir immer mal wieder dem Seefunk-Wetterbericht von Delta Papa 07. Dieser wird mit monoton norddeutscher Stimme sehr langsam vorgelesen. Ist sinnvoll, so kann man mitschreiben. Allerdings kann der Sprecher offensichtlich auch nicht schneller oder bewegter sprechen, zumindest klingen die nach dem Wetterbericht gelegentlich vorgelesenen Werbebotschaften mindestens ebenso eintönig.

Allerdings zeichnete sich die Wettervorhersage meist dadurch aus, dass sie nicht zutraf. Schließlich war April.

Gerade noch rechtzeitig fiel unserem Skipper ein, die dänische Gastflagge zu setzen und Christian bekam die ehrenvolle Aufgabe, diese zu verknoten und zu hissen, was ihm nach einigen Schwierigkeiten auch gelang.

An den Hafen in Spodsbjerg kann ich mich kaum erinnern. Irgendwie war der arm an Highlights. Der Code für die Toiletten und Duschen ist 1815, falls das jemandem was nutzt 🙂 (ist immer blöd, wenn man mit Druck auf der Blase in den Hafen einläuft und dann feststellt, dass alle sanitären Anlagen gesichert sind wie Fort Knox und der Hafenmeister grade Pause hat).

2. Tag: Spodsbjerg – Omø (18.04.2004)

Rettet die Apfelschorle

Delta Papa 07 kündigte für den Abend 6-7 Windstärken an, weshalb wir vorsichtshalber nur einen kurzen Schlag für den Tag planten. Die kleine Insel Omø im großen Belt war unser Ziel. Außerdem tauschten wir vorsichtshalber unsere Alien-Genua gegen die kleinere Arbeitsfock.

Bei zunächst ganz hervorragendem Segelwetter und guter Laune ging es los. Von Sturm keine Spur, relativ bald tauschten wir die Focksegel wieder um. Wir nutzten den guten Wind, um gleich mal ein Mann-über-Bord-Mannöver zu üben. Eigentlich war es ein Apfelsaftschorle-über-Bord-Mannöver. Die Bergung gelang uns im dritten Anlauf, ca. 6 Minuten nach dem über Bord gehen der Flasche. Einen Menschen oder einen griffigen größeren Gegenstand hätten wir auch schon nach der ersten Wende wieder an Bord nehmen können. Alles in allem waren wir mit dem Ergebnis ganz zufrieden und voller Vertrauen darauf, im Notfall ein Crewmitglied schnell genug wieder aus dem Wasser zu kriegen.

Ich hatte in der Zwischenzeit gelernt, dass ich nicht seekrank werde, solange ich am Steuer stehe und war von da an nur noch sehr ungern bereit, diesen Platz wieder zu verlassen.Leider wurde das Wetter im Laufe des Tages immer noch ruhiger. Keine Spur vom angekündigten Sturm. Im Gegenteil, der Wind schlief völlig ein, so dass wir Omø nur mit Hilfe unseres Dieselmotors (liebvoll Möppel genannt) erreichen konnten.

Zum Essen gab es HotDogs. Das Wetter war so sonnig, dass wir problemlos unseren Decktisch aufbauen und an Deck essen konnten. Unser Skipper erwies sich als sehr begabter Schiffskoch und zauberte noch einen hervorragenden Salat dazu. Von da ab hieß er nur noch unser „Skippje“.

Der Hafen von Omø ist so, wie die ganze Insel: winzig. Omø sieht ein bisschen aus, wie ein kleines Freilichtmuseum oder wie Legoland. Es gibt einen kleinen Leuchtturm und das beschauliche Dörfchen Omø By. In der Mitte der Insel liegt ein von Fröschen überbevölkerter kleiner See. Außerdem gibt es eine riesige Brutkolonie Schwäne. Und damit enden die touristischen Highlights der Insel. Ein wirklich niedliches Eiland, das einen Besuch auf jeden Fall lohnt.

lighthouse

Bei unserem Spaziergang zum Leuchtturm am Strand entlang stießen wir auf einen Einheimischen, der sein rotes Auto im letzten Abendsonnenschein am Strand polierte. Warum er das tat und warum er es vor allem gerade dort tat, blieb uns allerdings verborgen.

Da wir ja mittags schon die hervorragenden HotDogs gegessen hatte, beschränkte sich unser Abendessen auf eine Gulaschsuppe aus der Dose.

Später bekamen wir noch Besuch von drei Besatzungsmitgliedern der „Marie“, einer ebenfalls in Heiligenhafen beheimateten Charteryacht, die eine Weile nach uns im Hafen von Omø gelandet war. Alle Versuche von Volker, die Crew der „Marie“ zu einer Regatta zu überreden, schlugen fehl, obwohl sie am nächsten Tag die gleiche Richtung einschlagen wollten wie wir: nach Norden, unter der großen Beltbrücke hindurch. Vielleicht lag das daran, dass Volker sie mit abenteuerlichen Erzählungen über „unseren“ Törn nach Malmö verschreckt hatte, ohne dabei zu erwähnen, dass die Besatzung inzwischen komplett gewechselt hatte und jetzt aus Newbies und sehr entspannten Freizeitseglern bestand.

3. Tag: Omø – Korsør – Kolby Kås (19.04.2004)

Brücke im Nebel

Am nächsten Morgen verließen wir Omø (zumindest ich mit dem festen Vorsatz, irgendwann nochmal für länger herzukommen). Diesmal hatten wir von Anfang an kaum Wind, was uns reichlich Gelegenheit gab, Volkers für 4,50 € erworbene Angel zum Einsatz zu bringen. Gefangen haben wir allerdings nichts. Nach einer Weile, noch in Sichtweite von Omø, tauchte hinter uns ein Seehundkopf aus dem Wasser auf und schaute neugierig zu uns herüber. Wir beschlossen, ihm eine Gelegenheit zum Spielen zu geben und ließen einen Fender an einer Leine ins Wasser. Das ließ den Seehund ziemlich kalt, lockte aber einen Schweinswal an, der den Fender neugierig näher betrachtete und uns eine ganze Weile folgte.

whale

Schweinswale, auch kleine Tümmler genannt, sind die einzige in der Ostsee heimische Walart. Die Bezeichnung „Wal“ ist dabei vielleicht etwas irreführend, Schweinswale sehen eher aus wie Delphine (die ja auch Wale sind). In der Ostsee gelten sie als vom Aussterben bedroht, es gibt geschätzt noch so ca. 600 von ihnen. Wie korrekt diese Zahl ist, kann ich natürlich nicht sagen. Tatsache ist, dass wir auf unserem Törn im Laufe der Zeit ziemlich viele Schweinswale gesehen haben, die meisten davon im großen Belt, aber auch noch weiter südlich und näher am Festland. Wir haben unser privates „Whale watching“ jedenfalls sehr genossen.So durch Seehunde und Schweinswale abgelenkt, bemerkten wir kaum, wie dicht der Nebel inzwischen geworden war, der um uns herum aufgezogen war. Als schließlich die große Beltbrücke in Sicht kam, kam sie sozusagen gar nicht in Sicht, zumindest nicht komplett.

Da das Fahrwasser unter der Brücke ziemlich stark frequentiert ist, und die großen Frachtschiffe, die da so hin und wieder im Nebel neben uns auftauchten, doch etwas bedrohliches hatten, beschlossen wir, mit der Unterquerung der Brücke noch ein wenig zu warten und liefen statt dessen den Hafen von Korsør an. Dort machten wir fest und gingen in die Stadt, Mittagessen. Nach einigem Hin und Her entschieden wir uns für eine Kebab-Bude.

Als wir wieder zum Hafen zurückkamen, machte dort gerade die Marie fest. Die Besatzung hatte in Anbetracht des Nebels ebenfalls auf eine Durchfahrt unter der Brücke verzichtet.

Wir wollten aber in Korsør nicht bleiben, zum einen fanden wir es noch zu früh am Tag, um endgültig festzumachen, zum anderen hatten wir inzwischen beschlossen, dass unser Törn uns einmal rund um die Insel Fünen führen sollte und das bedeutete einen gewissen Zeitdruck. Wir möppelten also trotz Nebels los und unter der Brücke hindurch. Das ging auch eigentlich sehr gut, da wir uns aus dem Hauptfahrwasser größtenteils heraus halten konnten. Von der Brücke war aber weiterhin immer nur ein Teil zu sehen. Sah irgendwie unheimlich aus, so eine Brücke aus dem Nichts ins Nirgendwo.

Relativ spät, schon bei Dunkelheit, erreichten wir den Hafen Kolby Kås auf der Insel Samsø. Im Hafenhandbuch war vermerkt, dass man dort bei Nordwestwind mit starkem Schwell rechnen muss. Da wir aber wenn überhaupt immer nur Wind von Ost bis Südost gehabt hatten, hatten wir uns darüber recht wenig Gedanken gemacht.

Natürlich hatten wir abends Nordwestwind. Und nicht mal wenig. Als eindeutig größtes Schiff im Hafen (von der örtlichen Fähre natürlich abgesehen), hatten wir quer am Steg festgemacht, weil unsere 12,40 m anders gar nicht unterzubringen gewesen wären. Damit standen wir genau quer zur Hauptschwappwasserrichtung, was sich durch kräftiges Geschaukel bemerkbar machte. Im Laufe der Nacht ließ der Nordwestwind aber wohl auch wieder nach. Geschlafen habe ich jedenfalls ganz gut, und der Steg stand am nächsten Morgen auch noch.

 4. Tag: Kolby Kås – Juelsminden (20.04.2004)

Potzblitz

Eigentlich wollten wir an diesem Tag bis nach Middelfart im Nordwesten Fünens kommen. Das Wetter wollte es aber wohl anders.

Zunächst war alles wieder prima. Wenig Wind, aber dafür Sonnenschein soviel man haben wollte. Wir veranstalteten daraufhin ein bombastischen Mittagessen an Deck, unser Skippje hatte mal wieder für uns gekocht und gebraten.

Peer versuchte sich wieder im Angeln, diesmal sogar fast erfolgreich, zumindest wurde ich aus meiner Lektüre (ich hatte mich zum Lesen vorne an den Mast gesetzt) aufgeschreckt durch ein lautes: „Ich hab einen, ich hab einen!“ Und tatsächlich, da konnte man sogar kurz was an der Wasseroberfläche zappeln sehen, was nach einem ziemlich großen Fisch aussah. War aber ein kurzes Vergnügen, er konnte sich wohl loszappeln. (Nicht ordentlich angeschlagen, sagt mein Sportfischerinstinkt)

Später frischte es dann merklich auf, was uns aber nur recht war. Unter Alien-Genua und Großsegel erreichten wir erstmals Geschwindigkeiten von über 7 Knoten.  Langsam begann ich, ernsthaft Gefallen an der Segelei zu finden. Nur unter Deck bei stärkerer Krängung fand ich es immer noch etwas unheimlich. Aber wer will auch unter Deck sitzen, wenn es doch an Deck so viel zu sehen gibt: Wasser zum Beispiel…und ein paar Wellen…manchmal einen Küstenstreifen, meist mit Windrädern…und Wasser…und da vor uns ein paar dunkle Regenwolken…Dieser dunkle Wolkenstreifen sah zunächst wirklich sehr harmlos aus. Klar, da würde es wohl regnen. Aber ob wir da überhaupt reingeraten würden oder ob es sich schon verziehen würde, bis wir da wären, war zunächst gar nicht abzusehen. Außerdem hatten wir ja alle Ölzeug oder Thermo-Klamotten an und waren vor ein bisschen Wasser von oben jetzt auch nicht übermäßig bange.

Bei näherer Betrachtung wurde der Wolkenstreifen aber immer dunkler und höher. Und als Marco dann plötzlich den ersten Blitz sichtete, konnten wir nicht mehr abstreiten, dass wir da wohl das vor uns hatten, was gemeinhin als Gewitterfront bezeichnet wird. Der Abstand zwischen Blitz und Donner betrug immerhin noch ca. 1 Minute, das Gewitter war also noch ca. 20 km entfernt. Es lag aber genau voraus in unserer geplanten Fahrtrichtung.

Da wir auf eine nähere Begegnung mit den Mächten der Natur alle nicht so furchtbar scharf waren, berechnete Volker uns einen Kurs zum nächstgelegenen Hafen Juelsminde und wir drehten dorthin ab. Es wurde immer noch ein Wettlauf gegen das herannahende Gewitter, vorsichtshalber hatten wir schon mal unser Funkgerät abgeschaltet. Ziemlich bald kamen wir dann aber nahe genug an Land und erhöhte Gebäude, um zumindest nicht mehr das höchste Blitzeinschlagsziel in mehreren Kilometern Umkreis zu sein.

Der größte Teil des Gewitters zog aber an Juelsminde vorbei und wir blieben mehr oder weniger davon verschont. Da wir diesmal wieder recht früh im Hafen gelandet waren, blieb uns Zeit genug für einen ausgiebigen Landgang und Frischfischeinkauf (das mit dem selber Angeln war ja mal wieder erfolglos geblieben).

Die größte Sensation im Hafen Juelsminde war für Volker und die anderen Spielkinder unter uns der kleine Hydraulikbagger auf dem Kinderspielplatz. Für 10 dänische Kronen konnte man da zwei Minuten Spaß in der Sandkiste haben.

5. Tag; Juelsminde – Årosund (21.04.2002)

Nebel, Nacht und Heinzelmännchen

Eigentlich wollten wir früh los, um die durch das Gewitter vom Vortag verlorenen Meilen wieder gut zu machen. Doch als wir beim Aufstehen merkten, dass wir nicht mal bis zum Ende des Steges gucken konnten, war klar, dass sich unsere Abfahrt wohl ein wenig verschieben würde.

Wir nutzten die Zeit für diverse Einkäufe (wir brauchten neues Motoröl und die von uns allen so geschätzte heiße Brühe war auch zur Neige gegangen). So gegen Mittag starteten wir dann einen Versuch auszulaufen, kehrten aber sofort wieder um, als wir nach 200 Metern bereits die Hafenmauer hinter uns nicht mehr erkennen konnten und vor uns nur undurchdringliches Grau lag.

Peer besorgte mir freundlicherweise noch ein Wärmepflaster gegen meine Schulterverspannungen aus der Apotheke. Tolles Teil. Die Verspannung war instantan nicht mehr zu spüren, vielleicht lag das auch nur daran, dass das Brennen auf der Haut einfach jeden anderen Schmerz überlagerte.

So gegen 14 Uhr schafften wir es dann endlich, auszulaufen. Das Wetter besserte sich zusehends und wurde richtig freundlich. Irgendwann im Laufe des Nachmittags überflog uns ein militärischer Tiefflieger (unsere Experten waren sich nicht einig, ob das jetzt eine F16 oder ein Tornado war), der durch wechselseitiges Absenken der Tragflächen grüßte. Marco war restlos begeistert und konnte noch Stunden später mit verträumt seitlich ausgebreiteten Armen beobachtet werden. Nach einiger Zeit fuhren wir dann in den kleinen Belt ein und es gab rechts und links was zu gucken.

Einmal pirschten wir uns bis auf wenige Meter an einen Angler heran, der in seinem Schlauchboot herumdümpelte. Eigentlich wollten wir ihm ein Bier ausgeben, aber er hatte selber welches dabei und prostete uns fröhlich zu. Sämtliche eigenen Angelversuche blieben natürlich weiterhin erfolglos, obwohl wir uns in Juelsminde neuen Köder besorgt hatten und außerdem geschickt an einer Abbruchkante entlang navigierten, weil Fischschwärme sich ja bekanntermaßen da besonders gerne aufhalten.

Am frühen Abend habe ich mich irgendwann von Deck verabschiedet und nach unten gesetzt. Eigentlich wollte ich mich nur kurz aufwärmen, aber sobald ich unter Deck war, bekam ich Schüttelfrost und mochte mich gar nicht wieder bewegen.

Dadurch habe ich die folgende spannende Nachtanfahrt auf den Hafen von Årosund größtenteils verpasst. Irgendwann wurde noch mal spontan der Kurs geändert, weil in der Ferne ein kleines Motorboot wohl undefinierbare Leuchtzeichen gegeben hatte. Wahrscheinlich hat einfach ein Fischer seine Netze oder Reusen gesucht, aber es hätte auch ein Notsignal sein können, deshalb wollten wir zumindest mal nachschauen. Das Boot zog aber, bevor wir es erreichen konnten, in die Dunkelheit davon.

So gegen 23 Uhr machten wir in Årosund fest. Inzwischen ging es mir richtig schlecht und das besserte sich erst, nachdem Christian mir dieses Thermopflaster wieder vom Rücken gezogen hat. *fräpp* Fieses Gefühl! Ich glaube, mein Körper war so sehr mit Durchblutung meines Schultergürtels beschäftigt, dass er sämtliche anderen Körperteile darüber hinaus vergessen hat. Ergebnis der ganzen Aktion war, dass die Verspannung noch unvermindert da war, aber wenigstens ging das fiebrige Gefühl wieder weg, sobald das Plaster ab war.

Am späten Abend haben wir uns dann noch lustige Rätsel gestellt. Dabei verlor Volker ein Abendessen an Christian, weil er ihm seine Lösung nicht glauben wollte (ich wollte das auch nicht, war aber nicht so dumm, zu wetten, ich kenn Christian schon eine Weile).

6. Tag: Årosund – Ærøskøbing (22.04.2004)

Es ist ein Kreuz mit dem Gegenwind

Årosund hat tolle Duschen im Fischereihafen. Die kosten nix und sind wunderbar temperiert. Nachdem wir das also alle weidlich ausgenutzt hatten, stachen wir wieder in See. Zum ersten Mal auf unserer Tour mussten wir gegen den Wind ankreuzen. Macht Spaß, ist aber ja schon irgendwie ein mühsames Geschäft.

Ich habe es an dem Tag zum ersten Mal gewagt, mich während der Fahrt unter Deck schlafen zu legen. Das ging erstaunlich gut, wenn man davon absieht, dass ich in der Vorschiffkabine natürlich die Wendekommandos nicht mitbekam und dann immer etwas plötzlich von der einen Kabinenwand an die andere kugelte. Aber das Geschaukel habe ich eigentlich als sehr gemütlich und einschläfernd empfunden.

Danach habe ich mir um Seekrankheit auch keine Sorgen mehr gemacht, es war so ein bisschen, als hätte mein Körper da endgültig auf Seebetrieb umgestellt (von dem Tag an war ich nämlich beim Verlassen des Schiffes regelmäßig landkrank, vor allem in engen Räumen und direkt nach dem Aufstehen).

Um noch zu einer menschlichen Zeit in Ærøskøbing einzutreffen, mussten wir allerdings irgendwann auf weitere Kreuzerei verzichten und mal wieder die Aralfock anwerfen. Gekocht hat wieder unser Skippje (Olé olé Superskippje). Es gab Schnitzelpfanne in delikater Rotwein-Sahnesoße mit Reis. Inspiriert wurde dieses Rezept durch am Vortag abgehörte Funkgespräche zwischen der Aurelia und der Ti Amo, die nichts besseres zu tun hatten, als ihre Einkaufslisten über Kanal 16 auszumachen (ok, fairerweise sollte man erwähnen, dass sie den Kanal nach einer Weile gewechselt haben, aber sie brauchten für ihre Abendessensplanung mindestens 4 Anrufe. Kondome hatten sie aber noch).

Wir hatten zuerst gehofft, im alten Stadthafen von Ærøskøbing anlegen zu können, aber so einen richtig schönen Platz haben wir da nicht gefunden, so dass wir nach einer kurzen Hafenrundfahrt dann doch auf den neuen Yachthafen ausgewichen sind. Dort ist alles supermodern und sehr touristisch. Für Landstrom, Duschen und andere Service-Leistungen braucht man eine Tally-Card. Die brachte uns der telefonisch herbeigerufene, sturztrunkene Hafenmeister vorbei (ja, natürlich ist der mit dem Auto gekommen). Das System ist relativ kompliziert. Man steckt die Tally-Card irgendwo rein, z.B. in den Stromzähler für den Landstrom, dann werden erst mal 20 Kronen von der Karte auf den Stromzähler übertragen, dann muss man die Karte wieder rausnehmen. Wenn man jetzt nicht alle 20 Kronen verbraucht und den Rest wiederhaben will, steckt man die Karte wieder ein und es werden weitere 20 Kronen übertragen (spätestens hier wird bei der Mehrheit der Benutzer die große Panik ausbrechen…oh mein Gott, der zählt immer mehr Geld runter). Dann heißt es Geduld haben. Nach 15 bis 20 Sekunden wird der Prozess umgekehrt und das Geld fließt vom Zähler wieder auf die Karte zurück. Wir haben uns in schönsten Farben ausgemalt, wie viel Verwirrung das in der Hochsaison wohl so stiften wird.

Außerdem gibt es am Yachthafen von Ærøskøbing einen sehr schönen Kinderspielplatz, den wir natürlich auch gleich ausgiebig beklettert, bewippt und beschaukelt haben. Der Minigolfplatz war leider geschlossen.

Eigentlich hatten wir überlegt, abends noch in eine Kneipe zu gehen. Das fiel allerdings mangels Kneipe aus. Statt dessen haben wir einen sehr schönen Spaziergang durch das abendliche Ærøskøbing unternommen. Das Städtchen ist wirklich sehr niedlich, was sich auch an unseren begeisterten „oh guck mal“, „wie süß“, „ist das nicht putzig“ Kommentaren ersehen ließ.

Aeroe2

7. Tag: Ærøskøbing – Heiligenhafen (23.04.2004)

Zurück in heimatliche Gewässer

Marco, unser Drogenfahnder, erbot sich freiwillig, Brötchen holen zu gehen. Begeistert von der Schönheit des kleinen Städtchens kehrte er zunächst gar nicht mehr wieder zurück.

Das Tallykartensystem lud dazu ein, die Dusche auszutricksen und mit möglichst geringem Geldeinsatz möglichst lange Duschzeiten zu erlangen (das Wasser lief beim Zurückbuchen des Geldes nämlich noch weiter). Unter 4 Kronen ist aber keiner geblieben und ich hatte bei ganz normalem Gebrauch der Karte für 4 Kronen eigentlich auch mehr Warmwasser als ich verbrauchen konnte. Wenn ich nicht so getrödelt hätte, wäre ich vielleicht auch mit 2 Kronen hingekommen. Die Männer waren deshalb fest überzeugt, dass die Damenduschen anders getaktet seien als ihre. Ich glaub da nicht recht dran.

Aus Ærøskøbing Richtung Süden wegzukommen, ist gar nicht so einfach. Der Weg führt durch ein flaches, verzweigtes Fahrwasserlabyrinth. Es war also eifriges Tonnensuchen angesagt. Außerdem verzichteten wir bei der Kurverei auf das Großsegel und setzten nur unsere Genua. Trotzdem erreichten wir Geschwindigkeiten von 7 Knoten, was uns sehr beeindruckte und unseren Skipper wenigstens ein bisschen mit dem kleinen grünen Männchen auf unserem Segel aussöhnte.

Irgendwo im Fahrwasser kam uns ein niederländischer Dreimaster entgegen, was Volker veranlasste, in aller Eile unsere Piratenflagge zu hissen. Christian freute sich diebisch, weil Volker hierzu fast so lange brauchte wie er vormals für die dänische Gastflagge. Der Dreimaster blieb allerdings wohl recht unbeeindruckt, vielleicht hat er unsere Bemühungen nicht mal wahrgenommen

Wieder einmal verließ uns der Wind im Laufe des Nachmittags. Langeland trägt seinen Namen übrigens zu recht, es dauerte geradezu ewig, bis wir den letzten Zipfel endlich an Backbord liegen gelassen hatten. Irgendwann wurde auch diesmal wieder der Möppel angeworfen. Trotzdem zog sich die Strecke nach Heiligenhafen sehr lang.

Wieder im Heimathafen angekommen machte sich so langsam Urlaubsendstimmung breit. Wir zogen gemeinsam los, um zum krönenden Abschluss in einem Restaurant zu Abend zu essen. Gelandet sind wir im „Ostseeblick“, wo wir uns dann begeistert über einen griechischen Grillteller für 7 Personen und trübes Kellerbier aus großen Glaskannen hermachten.

Danach wollten Volker, Peer und ich noch in irgendeine Daddelhalle, um den Abend mit sinnlosen Ballerspielchen ausklingen zu lassen. Allerdings erwies sich Heiligenhafen da als sehr unergiebig. Die einzige Spielhalle, die wir gefunden haben, hatte außer Geldspielautomaten nur drei Billardtische aufzuweisen. Wir spielten also ein paar Runden Pool. Dabei wurden wir von kleinen, etwas drallen Blondine, die wirklich schon ziemlich betrunken war, belagert. Da sie ihre Aufmerksamkeit zunächst Volker zuzuwenden drohte, gab der mich aus purer Selbstverteidigung als seine Freundin aus und versuchte sie statt dessen, für Peer zu begeistern. Der wiederum fühlte sich etwas in die Ecke gedrängt.

Nachdem sie mir noch gesagt hatte, dass die Jungs sie bei Interesse später in der Domino Bar finden würden (warum zum Teufel sagt die das eigentlich mir?), verschwand sie aber auch bald wieder.

Auf dem Weg zurück zum Hafen bekamen wir noch einen kurzen Einblick in die Heiligenhafener Jugendkultur. Ein Grüppchen Jugendlicher stand auf dem Marktplatz in eifriges Gespräch vertieft: „Ey!“ „Ey“ „Ey…“ „Ey!“ So sind sie halt, die Nordlichter … bisschen einsilbig.

Zurück auf der Arnd versuchte Volker dann noch jemanden aufzutreiben, der mit ihm in die Domino Bar gehen wollte, was jedoch nicht von Erfolg gekrönt war.

8. Tag: um Heiligenhafen (24.04.2004)

Abschlusssegeln

Christian und ich waren am nächsten Morgen als erste wach. Ich beschloss, der Mannschaft etwas Gutes zu tun und schon mal Brötchen kaufen zu gehen. Dummerweise hatte Christian die gleiche Idee, so dass wir dann insgesamt 28 statt unserer üblichen 14 Brötchen hatten. War aber auch kein Drama, gegessen worden sind sie am Ende alle.

Nach ein paar ersten Aufräumarbeiten beschlossen wir, den letzten Tag noch ein wenig zu nutzen. Die Yacht musste erst um 17 Uhr übergeben werden. Wir liefen also noch einmal aus, diesmal jedoch nicht mit unserer Alien-Genua, sondern mit Arbeitsfock, da diese noch etwas feucht war und wir sie trocken segeln wollten. Es war auch wirklich guter Wind vorhanden (vielleicht mehr, als wir den ganzen Törn über gehabt hatten) und es hat großen Spaß gemacht, noch ein wenig ziellos in der Gegend herum zu segeln. Da wir kein konkretes Ziel hatten, konnten wir die Fahrtrichtung einfach nach den Windverhältnissen wählen und wurden so auch mit unserer kleinen Arbeitsfock noch mal richtig schnell.

So gegen 14 Uhr legten wir wieder an und begaben uns an die unvermeidlichen Aufräumarbeiten. Am lästigsten waren die schier unendlichen Mengen übriggebliebener Lebensmittel. Da aber alle fleißig mit anpackten, waren wir so um 16 Uhr klar zur Übergabe.

Wir ließen noch schnell ein letztes Gruppenfoto schießen, bepackten die Autos und waren auch schon auf dem Heimweg.

Was sonst noch so war

Natürlich habe ich auf dem Segeltörn weder ein Diktiergerät mitlaufen lassen, noch ununterbrochen mit dem Stenoblock herumgesessen. Schade eigentlich. So sind jetzt etlich Chauviesprüche, Flachwitze und viel Situationskomik unter den Tisch gefallen.

Um ein paar Dinge wäre es aber einfach zu schade, deshalb kommen die jetzt hier in loser Schüttung. Aber vorsicht, um die folgenden Zeilen verstehen zu können, muss man wahrscheinlich wirklich dabei gewesen sein 🙂

Olé olé…das haben wir wohl Nils Körner zu verdanken. Nein, der war nicht mit auf dem Schiff. Aber von dem hatte Christian nach eigenen Aussagen den Ausruf „Olé olé“ gefolgt von irgendetwas lobenswertem. Das bürgerte sich an Bord massiv ein. Von Olé olé Superabendessen bis hin zu olé olé Superschweinswal war eigentlich alles vertreten.

Auch sehr beliebt: „Doppelschwör“, von unserem Sheriff aus einem Originalverhör (äh…Vernehmung heißt das wohl) mitgebracht. Als Verstärkung von „Schwör!“ im Sinne von „Ich schwöre, ich war’s nicht, ich tu’s auch nie wieder“

Überhaupt war viel Wortwitz angesagt. Besonders beliebt: ungewohnte aber sehr treffende Fremdworte. So wurde zum Beispiel eruiert, ob noch heißes Wasser im Wasserkessel vorhanden war, und Andre erzählte von seinen Bundeswehrerfahrungen als renitenter Querulant.

Fast wäre ich mal von „Steuerfrau“ zum „Steuermann auf Probe für die Sache“ befördert worden, aber bei näherer Überlegung verzichtete ich dann doch.

Heiße Brühe, egal ob aus Würfeln oder in gekörnt bietet eine tolle Zwischenmahlzeit, wenn man stundenlang mit kalten, nassen Fingern am Steuerrad steht. Ich persönlich fand Hühnchen am leckersten.

Sehr beliebt (vor allem bei Christian) waren zwei Bücher über spektakuläre Yachtunfälle. Lag weniger an den schriftstellerischen Qualitäten des Autors, sondern vielleicht eher an der gefühlten Nähe zum Thema. Die kurzen Anekdoten waren jedenfalls immer gut für ein bisschen Smalltalk beim Abendessen.

Andre hat nach eigenen Aussagen auch einen an der Mütze. Einen Pinguin nämlich, genaugenommen einen Tux. Und Volker hat mir einen Luftballon-Pinguin versprochen. Auf den bin ich schon sehr gespannt.

Die schönsten Rätsel mit und ohne Heinzelmännchen:1. Du hast 12 Münzen und eine Balkenwaage. Eine der Münzen ist gefälscht, das heißt, sie ist entweder leichter oder schwerer als die anderen 11 (die anderen 11 haben alle identisches Gewicht). Wie kannst du mit nur 3 Wägungen herausbekommen, welche Münze die abweichende ist und ob sie leichter oder schwerer ist als der Rest?

2. Ein Heinzelmännchenhasser hat 50 Heinzelmännchen gefangen. Er sperrt sie in eine dunkle Höhle und stellt ihnen eine Aufgabe: Die Heinzelmännchen verlassen die Höhle einzeln nacheinander. Jeder Heinzelmann bekommt beim Verlassen der Höhle eine Mütze auf, die entweder schwarz oder weiß ist. Er kann sie selber nicht sehen. Vor der Höhle sollen die Heinzelmännchen, ohne sich zu unterhalten natürlich, eine Reihe bilden, bei der alle schwarzen Mützen auf der einen, die weißen Mützen auf der anderen Seite stehen.  Was müssen die Heinzelmännchen tun, um die Aufgabe zu lösen?

3. Der Heinzelmännchenhasser hat sein Versprechen nicht gehalten und die klugen Heinzelmännchen nicht freigelassen. Statt dessen stellt er ihnen eine neue Aufgabe. Jeder Heinzelmann bekommt wieder eine schwarze oder weiße Mütze auf, die er nicht kennt. Danach werden sie in einer Reihe hintereinander aufgestellt, so dass jeder Heinzelmann nur die Mitheinzel vor ihm, nicht aber die hinter ihm sehen kann. Der letzte in der Reihe sieht also 49 Mützen, der erste keine. Die Heinzelmännchen dürfen sich vorher (also bevor die Mützen verteilt werden) beraten, allerdings ist der Heinzelmännchenhasser dabei anwesend und wird versuchen, die Taktik der Heinzel zu seinen Gunsten auszunutzen. Der letzte Heinzelmann wird zuerst gefragt, welche Farbe seine Mütze hat. Seine Antwort wird vom Heinzelmännchenhasser laut wiederholt. Ist sie richtig, überlebt er, ist sie falsch, wird er gefressen. Allerdings bekommen die vor ihm stehenden Heinzelmännchen das nicht mit. Dann ist der nächste Heinzelmann an der Reihe und immer so weiter, bis zum vordersten. Wie viele Heinzelmännchen überleben, wenn sie es klug anstellen?