Im Frühjahr 2002 bin ich alleine für eine Woche nach Malta in Urlaub gefahren. Ich war wirklich überrascht, wie unbekannt dieses nette kleine Land mitten im Mittelmeer hierzulande ist.

Erste Eindrücke (28.04.2002)

So, angekommen. Ein bißchen in Qawra/Bugibba/St. Paul’s Bay umgesehen habe ich mich auch schon. Ist für den Laien nicht ersichtlich, wo der eine Ort aufhört und der nächste anfängt. Das Wetter war gut, schon fast zu heiß am Nachmittag. Ich bin hauptsächlich die Strandpromenade entlanggelaufen, bzw. große Strecken neben der Strandpromenade her auf Trampelpfaden oder über bloßen Fels am Ufer entlang.

qawra

Der Ort ist wie erwartet sehr touristisch, allerdings schienen die meisten Besucher, die sich heute am Ufer tummelten, Malteser auf Ausflug zu sein. Die eigentliche Touri-Saison hat definitiv noch nicht angefangen. Nach einigem Zögern habe ich mich dann auch ins New Dolmen Hotel getraut, um mir den Tempel dort kurz anzusehen.

dolmen

Nach dem Abendessen bin ich nochmal losgezogen, um mir eine Kneipe oder Disco zu suchen und was zu trinken, aber ich habe irgendwie nichts so richtig verlockendes gefunden. Allerdings habe ich dann hocherfreut und aufmerksam ein paar einheimischen Bocci-Spielern zugeguckt, und das war schon ein echtes Erlebnis. Ziemlich maltesisch und noch dazu ganz umsonst.

Ich habe mich noch nicht entschieden, was ich morgen machen will. Valletta vielleicht, oder Mdina und Rabat, oder ich fahre nach Tarxien, weil da das Hypogaeum ist und ich doch so gerne Karten hätte. Mal sehen. Auf jeden Fall sollte ich versuchen, um 16 Uhr wieder im Hotel zu sei, weil da dann die Reiseleitung eine Einführungsveranstaltung macht.

Das Hotel ist wie erwartet sehr einfach. Die Betten sind schmal, ich habe kein Licht im Bad, die Fenster liegen zum Innenhof und im versprochenen Dachterassenpool ist kein Wasser. Naja, was soll’s, für den Preis konnte man schließlich kein Grandhotel erwarten.

Valetta (29.04.2002)

Ich habe mich dann heute doch für Valletta entschieden, wie ich es ja ursprünglich auch vorgesehen hatte. Nach dem etwas bescheidenen Frühstück bin ich also zum Busterminal von Bugibba gepilgert, das nur ein paar Meter entfernt liegt, und habe mir eine 5-Tages Karte gekauft. Die ist zwar mit 4.50 Lm recht teuer, erspart einem aber lästiges Kleingeldsuchen im Bus. Der Bus nach Valletta war leicht zu finden und ziemlich voll. Die Fahrt dauerte etwa eine 3/4 Stunde, dann stand ich erwartungsvoll und mit gezückter Kamera vor den Toren (oder genauer: dem Tor) Vallettas.

buses

Die Stadt ist wirklich eine riesige Festung, sehr effizient eingemauert. Von der Stimmung her hat sie mich irgendwie ein bißchen an Edinburgh erinnert, obwohl Baustil und Wetter dann doch völlig anders sind. Sind aber beides Städte, die am Reißbrett geplant wurden und heute von Touristen überbevölkert sind.

republik

Mein erster Weg führte mich in die St. John’s Co-Cathedral, und die hat mich über die Maßen beeindruckt. Ein wunderschön ausgemaltes Tonnengewölbe (kein Fresko, sondern Öl auf Kalkstein, habe ich mir sagen lassen), hunderte von Grabplatten auf dem Boden, alle sorgsam als farbige Mosaike gearbeitet, und eine Vielzahl von sehr fein gearbeiteten Marmorskulpturen. Jeder noch so kleine Fleck in der Kirche ist irgendwie verziert. Ich würde sagen, es war die bei weitem reichgeschmückteste Kirche, die ich je betreten habe. Und dabei ist der Bau von außen eher unscheinbar.

Nach dem Besuch der Kathedrale wollte ich mir die Malta-Experience Multivisionsshow ansehen, habe das Gebäude jedoch nicht auf Anhieb gefunden. Das war nicht wirklich schlimm, ließ mir das doch die Zeit, durch die Lower Barakka Gardens zu schlendern, von denen man einen wunderschönen Blick über den Grand Harbour und die Three Cities hat. Einen kurzen Blick auf Fort St. Elmo habe ich auch noch geworfen, aber das erschien mir wenig spektakulär. Die Diashow war mit 3 Lm Eintritt recht teuer, aber sehr gut gemacht. Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, in die Touri-Falle gelaufen zu sein.

gardens

Da ich ja um 16 Uhr wieder im Hotel sein wollte (Neckermann ruft), habe ich auf einen Besuch des archäologischen Museums verzichtet und bin statt dessen noch ein wenig durch Valletta gelaufen, nachdem ich in einer kleinen Bar etwas gegessen hatte. Die Rückfahrt ergab ein kleines und wohl typisch maltesisches Abenteuer: Der freundliche Busfahrer war der gleiche wie auf der Hinfahrt und rief mich freundlich an Bord seines Busses, als ich etwas suchend über den riesigen Busbahnhof lief. Sehr nett von ihm. Leider konnte all seine Nettigkeit nicht verhindern, dass sein doch schon recht altersschwacher Bus in Mosta endgültig den Geist aufgab. Also, alle Mann aussteigen und auf den nächsten Bus warten. Der kam dann auch nach einer Weile und alles war gut. Wegen des blöden Termins hätte ich mir keine Sorgen machen müssen, da ging es nur darum, furchtbar überteuerte Ausflugspakete zu verkaufen.

Obwohl ich doch schon recht groggy und meine Beine müde waren, bin ich danach noch eine ganze Weile spazieren gegangen, die Salina Bay entlang, an den Salt Pans vorbei bis zum Kennedy Grove und dann an der Straße entlang zurück. Eigentlich wollte ich versuchen, den Tempel von Tal Qadi zu finden, aber das habe ich dann einfach gelassen.

salina

Nach dem Abendessen war ich auf dem Dach, um dem Sonnenuntergang zuzusehen. Das war sehr schön. Jetzt überlege ich, ob ich mich noch ins Nachtleben stürze und versuche, eine der im Rough Guide empfohlenen Bars zu finden, oder ob ich zu müde bin und einfach im Hotel bleibe.

sunset

Wanderung zur Gnejna Bay (30.04.2004)

Heute vormittag habe ich eine lange Wanderung unternommen. Ich habe mir dafür extra noch einen völlig überteuerten Wanderführer gekauft, weil das die einzige Möglichkeit war, wenigstens ausschnittweise an eine 1:25000 Wanderkarte zu kommen.

Der zweite Versuch, den Tal Qadi Tempel zu finden, ist ebenfalls gescheitert. Ich muss laut Karte und Wanderführer ganz nahe daran vorbei gelaufen sein, aber es war einfach nix zu sehen. Der Junge aus der Gärtnerei, die laut Wanderführer in unmittelbarer Nähe des Tempels liegt, wußte überhaupt nicht, wovon ich geredet habe.

bidnija

Ich bin dann auf abenteuerlichen Wegen über einen Hügel, auf dem wohl der Präsident oder sonst ein ganz hohes Tier wohnt, durch ein Dorf namens Bidnija, das auf keiner meiner Karten verzeichnet war, obwohl es eine sehr schöne kleine Kirche besitzt, nach Zebbieh gelaufen, um dort den Skorba Tempel anzusehen (eingezäunte Steine) und dann weiter nach Mgarr zum Ta‘ Hagrat Tempel (mehr eingezäunte Steine). Dort hat mir ein dicker, freundlicher und leicht aufdringlicher Malteser, der wohl in der Nähe wohnt (in einem kleinen baufälligen Häuschen gleich hinter dem Tempel) den besten Platz zum Fotographieren gezeigt. Auch sonst war er irgendwie ganz witzig, bestand aber darauf, mir zum Abschied zwei schlabberige und nach Zigarrenqualm stinkende Küsse auf die Wangen zu drücken. Außerdem hat er mir einen weisen Ratschlag für das Alleinsein und gegen das Heiraten gegeben: „When you are alone, you are your whole self, when you are two, you are only half of yourself, because you share, and when you marry, you are only a third or a fourth of yourself. You remember that!“

skorba

Da es noch recht früh war, habe ich mich entschlossen, noch zur Gnejna Bay zu laufen. Die Strecke zog sich ewig hin, die Bucht ist aber wirklich sehr schön. Bei dem Versuch, zur Golden Bay zu kreuzen, um dort den Bus zu erwischen, stieß ich auf eine riesige absolut glatte Felswand, die die Bucht in nördliche Richtung begrenzt und auf den spitterfasernackten Vince, der mich sogleich in ein längeres Gespräch verwickelte und zum gemeinsamen Nacktschwimmen einlud, was ich aber höflich und etwas verlegen ablehnte (vielleicht bin ich einfach nicht spontan genug). Obwohl Vince ganz locker und nicht über die Maßen aufdringlich war, war mir die Situation doch etwas unangenehm. Smalltalk mitten auf dem Weg mit einem Mann, der außer einem Cappie und einer Sonnenbrille nichts anhat, ist irgendwie irritierend.

gnejna

Ich habe dann aufgegeben, mich zur Golden Bay durchschlagen zu wollen und mich an die Straße gestellt, um bis Mgarr zurückzutrampen. Von dort wollte ich dann den Bus nach Mosta nehmen. Gleich das erste Auto hielt an und Joe, der Fahrer, erbot sich auch gleich, einen Umweg zu fahren und mich nach Bugibba zu bringen. Das fand ich dann so nett, dass ich das keinesfalls abschlagen wollte und auf einen Besuch der Rotunda in Mosta kurzerhand verzichtete. Joe war freundlich und unaufdringlich und vor allem war er angezogen!

Den Nachmittag habe ich dann mit Essen und einem kurzen Bad im Meer verbracht (züchtig mit Badeanzug bekleidet natürlich). Auf längeres Sonnenbaden habe ich dabei allerdings verzichtet, weil ich mir beim Wandern heute morgen einen leichten Sonnenbrand auf Armen, Schultern und Nacken geholt habe und nicht wollte, dass das schlimmer wird.

Für morgen habe ich eine Fahrt nach Gozo gebucht (Silverstar Tours, 2,50 Lm), um allen Schwierigkeiten, die bei spontanen Eigenunternehmungen durch den Feiertag eintstehen könnten, vorzubeugen.

Tagesausflug nach Gozo (01.05.2002)

Der Dienstag abend war noch recht nett. Ich habe mich in meine schickste Klamotte geworfen (enge schwarze Rüschenbluse mit viel Einblick durch raffinierte Schnürung vorn) und bin die Strandpromenade entlang flaniert. Dass ich keine größeren Autounfälle verursacht habe, war auch alles. Aber freundlich sind sie ja, die Malteser.

Später bin ich dann auf der Suche nach einer brauchbaren Kneipe durch die Straßen gelaufen. Das im Rough Guide so warm empfohlene „Grapevine“ habe ich aber immer noch nicht gefunden. Gelandet bin ich schließlich im „Finnegan’s“, wo das Champions League Halbfinale (Machester Utd. gegen Bayer Leverkusen) auf einer Großleinwand lief. Nicht, dass mich Fußball übermäßig interessieren würde, schon gar nicht Bayer Leverkusen, aber bei Auslandsurlauben sind solche Events immer eine schöne Gelegenheit, ein paar Leute kennenzulernen und einen Abend in Gesellschaft zu verbringen. Es blieb jedoch ziemlich leer im Finnegan’s, was nicht weiter schlimm war, weil ich Aidan kennengelernt habe. Der ist so Mitte 60, schätze ich, Ire aus Cork und katholischer Priester. Als ich ihm von meiner Begegnung mit Vince am Vormittag erzählte, wollte er unbedingt, dass ich ihm den Nacktbadestrand zeige. Ich fand dieses Anliegen von einem katholischen Priester so lustig, dass ich es ihm einfach nicht abschlagen konnte. Wir haben uns darüber hinaus sehr nett unterhalten, außerdem hat er mein Bier bezahlt, was ich recht angenehm fand, weil ich mit relativ wenig Geld losgezogen war und da Kilkenny um etliches teurer war als das einheimische Bier. Wir haben uns für morgen abend wieder verabredet. Mir soll das recht sein, dann habe ich wenigstens was zu tun.

Der Trip nach Gozo heute war nicht so toll. Erst haben wir ewig in der Schlange zur Fähre gestanden und dann wurden ganz andere Ziele angefahren als im Prospekt versprochen, angeblich, weil wegen des Feiertages alles geschlossen war. Erste Station war das „Gozo Heritage“, eine völlig überteuerte walk-through Veranstaltung, bei der ich schon ein bisschen das Gefühl hatte, auf einer Werbeverkaufsveranstaltung gelandet zu sein. Danach sind wir nach Rabat (Victoria) gefahren, Zitadelle angucken, außerdem war da ein kleiner Markt, beides ganz nett. Sollte ich je eine Armee befehligen und eine Insel verteidigen müssen, wünsche ich mir auch so eine Festung. Man kann von da oben echt ganz Gozo überblicken.

citadel

Weitere Stationen waren Azure Window (Inland Sea, Fungus Rock), Ta‘ Pinu, Xlendi, Xemkija Dome. Die Mitfahrenden waren alle einig: das war nicht das, was sie sich versprochen hatten. Der Witz war dann auch noch, dass einige nicht wie ich 2,50 Lm bezahlt hatten, sondern 4,20 Lm, weil sie eigentlich eine andere, teurere Tour gebucht hatten. Ziemlich dreist.

azure

Wanderung von Hagar Qim nach Buskett Gardens, Mdina, Rabat und Mosta (02.05.2002)

Schlauer geworden bin ich daraufhin heute wieder allein und auf eigene Faust losgezogen. Zuerst mit dem Bus (über Valletta) nach Hagar Qim und Mnajdra. Das war sehr beeindruckend. Nach den doch eher spärlichen Überresten in Skorba und Ta‘ Hagrat war das eine sehr positive Überraschung.

mnajdra

Ich habe mich dann zu Fuß Richtung Dingli aufgemacht, was aber ohne brauchbare Karte nicht so einfach war. Unterwegs habe ich dann Wather getroffen, einen Holländer, der auf der gleichen Strecke unterwegs war und zwei weitere unbrauchbare Karten mit ins Spiel bringen konnte. Gemeinsam haben wir uns dann querfeldein durchgeschlagen, sämtliche „Private, RTO, No Entry, Tidholx“ Zeichen außer acht lassend und sind schließlich bei den Buskett Gardens gelandet. Pünktlich zu einem plötzlichen Regenguss sind wir im dortige Restaurant eingekehrt und haben dann von da den Bus über Dingli nach Rabat genommen. Wather ist weitergefahren nach Valletta, während ich in Rabat ausgestiegen bin. Zuerst bin ich eine Weile durch Mdina gelaufen, und das war wirklich sehr schön. Gerade in den stillen Nebengässchen hat die Stadt ihren Beinamen „the silent city“ wirklich verdient.

mdina

Danach bin ich noch ein bisschen durch die Stadt Rabat geschlendert und mehr durch Zufall in der St.Paul’s Church and Grotto gelandet, wo ein sehr bemühter und freundlicher Malteser den spärlich eintreffenden Touristen geduldig die Herkuft jeder Statue, jeder Reliquie und jeden Kunstgegenstandes erklärte. Ein winziges Stück Katakomben gehört auch noch zum Stolz der Kirche. Eintritt brauchte man nicht zu zahlen, um eine Spende wurde gebeten. Wahrscheinlich ein lohnendes System, gegeben hat jeder was, wahrscheinlich die meisten mehr, als sie als Eintritt zu zahlen bereit gewesen wären.

Die „echten“ Katakomben habe ich dann auch noch besichtigt, und die waren schon alleine durch ihre Größe und Weitläufigkeit beeindruckend. Ich bin bestimmt über eine halbe Stunde durchgelaufen und immer noch nicht in allen Gängen und Nischen gewesen. Besonderes anzusehen gibt es allerdings nicht, die Anlage besticht allein durch ihren labyrinthartigen und düsteren Charakter.

catacombs

Da mich die Rückfahrt sowieso durch Mosta führte, habe ich dann auch gleich noch die Gelegenheit genutzt, mir die dortige Rotunda anzusehen. Eins muss man den Maltesern ja lassen: Sie können wirklich sehr beeindruckende Kirchen bauen.

mosta

So, jetzt gehe ich mal gucken, mit welchen kulinarischen Genüssen das Il Gallina heute so aufwarten kann (hüstel).

Tarxien, Marsaxlokk und Ghar Dalam (03.05.2002)

Wie es aussieht, nimmt Aidan, der katholische Priester, das mit dem Katholizismus nicht so genau. Zumindest war er ein ganzes Stück anhänglicher, als das eigentlich so mit dem Priesteramt vereinbar ist. Aber scheinbar hat er da so seine eigene Interpretation der Dinge. Es war trotzdem ein ganz angenehmer Abend.

Heute habe ich mich dann per Bus auf den Weg in den Südosten der Insel gemacht. Zuerst habe ich einen Zwischenstop bei den Tarxien-Tempeln gemacht. Es ist wohl die bedeutendste Tempelanlage Maltas, aber ich fand Hagar Qim und Mnajdra schöner, vielleicht, weil der Tempel in Tarxien mitten in der Stadt liegt.

tarxien

Nach einigem Suchen nach der richtigen Bushaltestelle bin ich dann weiter nach Marsaxlokk gefahren. Ein hübsches Städtchen, bekannt vor allem für seinen Fischereihafen mit romantisch auf dem Wasser schaukelnden Luzzi und seinen wunderbar günstigen Fischrestaurants. Ich habe für 1.65 Lm eine Fischsuppe, frische Shrimps (und die waren wirklich spitze) mit Pommes und Salat und eine Tasse Tee erstanden. Da kann man nun wirklich nicht meckern. Danach wollte ich auf kleinen Straßen rüber zur Ghar Dalam Höhle laufen, wurde aber einmal mehr Opfer meiner schlechten oder veralteten Landkarten. Ich bin also eine dreiviertel Stunde oder so in plötzlich endenden Feldwegen versackt, bis ich schließlich doch entlang der Küstenstraße nach Birzebugga gelaufen bin. Es hätte, wie ich später erfahren habe, auch noch einen schönen, aber etwas längeren Weg entlang der Klippen gegeben.

luzzu

In Birzebugga habe ich dann den kleinen Tempel von Borg i‘ Nadur aufgesucht, und das war eine kleine Offenbahrung: kein Schild, kein Hinweis, nur ein Feldweg, der an einem Zaun zu enden schien, aber dann war er doch genau da, wo er laut Reiseführer sein sollte. Frei zugänglich, ohne Eintritt und wunderhübsch. Von dort bis Ghar Dalam war es nur ein knapper Kilometer.

nadur

In Ghar Dalam habe ich dann eine kostenlose Sonderführung gekriegt, weil sich John, der eigentlich wohl als Aushilfsmuseumswärter da war, spontan in mich verguckt hat. John könnte vom Alter her mein Vater sein, ist klein, untersetzt und hat schlechte Zähne (scheint bei Maltesern häufig der Fall zu sein, wahrscheinlich zahlen die Krankenkassen keinen Zahnersatz). John war recht aufdringlich, Küßchen hier, Händchenhalten da, und ich habe bestimmt weit mehr sehr abgelegene und nicht einsehbare Ecken auf dem Museumsgelände gesehen als ein normaler Besucher. Trotzdem war er nicht ohne einen gewissen Charme. Er versicherte mir mehrfach, wenn ich das nächste Mal nach Malta käme, solle ich ihm vorher Bescheid sagen, er würde sich dann um alles kümmern, Hotel und so, und mir alles zeigen. Ich kann mir schon denken, was er mir so zeigen würde… Naja, ich habe seine Adresse, er meine nicht, und so wird das auch bleiben, was mich angeht. Er hat ein Foto von mir gemacht, von dem er unbedingt einen Abzug haben will. Das habe ich ihm versprochen und werde es ihm auch schicken, aber das war’s dann auch. Warum vergucken sich in diesem Urlaub eigentlich nur kleine alte dicke Männer in mich? Aber ist ja trotzdem nett, gesagt zu bekommen, man hätte Augen wie das Mittelmeer.

myself

Nachdem ich John also schließlich glücklich abgewimmelt hatte, bin ich mit dem Bus nach Valletta gefahren, um noch kurz ins archäologische Museum zu gehen. Das war wirklich interessant, die Funde aus den Steinzeittempeln sind wirklich außergewöhnlich, vor allem die „Sleeping Lady“ und die „Venus von Malta“. Die muss man einfach im Original gesehen haben, die Photos und billigen Repliken, die man in den Souvenierläden so findet, geben das echt nicht so wieder.

Danach bin ich nochmal in die Kathedrale gegangen, weil die mich doch so beeindruckt hat. Echt schade, dass man darin nicht photographieren darf. Außerdem habe ich die Zeit in Valletta noch schnell dazu genutzt, das Buch über gozitanische Spitzenklöppelei zu kaufen. Allerdings habe ich keine Klöppel mehr bekommen, aber die gibt es wahrscheinlich auch in Deutschland. Außerdem verrät ein Blick ins Buch, dass die ganze Angelegenheit doch recht kompliziert ist. Ist also schon fraglich, ob ich, Buch hin oder her, je eigene Spitzen klöppeln werde. Aber ich würde es zumindest ganz gerne mal versuchen.

Heute abend werde ich nichts mehr unternehmen, sondern gemütlich die Beine hochlegen und etwas lesen und früh schlafen gehen. Morgen früh bin ich dann um 9 Uhr mit Aidan verabredet, um mit ihm zur Gnejna Bay zu fahren.

Wanderung um Xemxia (04.05.2002)

Nach einigem Hin- und Herüberlegen und schlaflosem Herumwälzen habe ich Aidan dann heute morgen abgesagt. Mir war weder nach Nacktbaden noch nach seiner Gesellschaft zumute. Eigentlich ist mir heute gar nicht nach Gesellschaft zumute. Endurlaubsdepression vielleicht, oder Vor-Periodendepression. Auf jeden Fall hänge ich heute etwas durch. Ausserdem ist mein linkes Augenlid angeschwollen und tut weh, keine Ahnung, warum, fühlt sich an, als wäre da der Tränenkanal verstopft. Aidan hat die Absage sehr freundlich aufgenommen, was mich sehr erleichtert hat.

Ich bin dann heute morgen nach Xemxia rübergelaufen, weil Wather mir da was von römischen Bienenstöcken und steinzeitlichen Grabhöhlen erzählt hatte. Und tatsächlich, etwas versteckt beginnt dort der „Heritage Trail“, entlang einer alten römischen Straße, und es sind etliche vorzeitliche und antike Stätten zu finden, alle fein säuberlich mit Täfelchen beschriftet. Das hat mir total gut gefallen.

apiary

Leider habe ich den Trail dann verloren (er ist durch kleine Steinhügelchen gekennzeichnet und irgendwann konnte ich keines mehr entdecken) und bin dann statt dessen durch die „Woodlands“ gelaufen. Von denen habe ich auch in keinem Reiseführer was gelesen und auch auf der Wanderkarte fehlen sie völlig, dabei sind sie recht weitläufig. Es scheint eine noch recht junge Wiederaufforstungsmaßnahme zu sein. Ein Wehmutstropfen in der ganzen Sache ist allerdings, dass man ständig befürchten muss, aus Versehen von einem der vielen Vogeljäger erschossen zu werden. Davon liefen da echt viele herum. Heute ist ja Samstag, wahrscheinlich wäre es an einem normalen Wochentag ruhiger gewesen. Ein ganzes Stück südlich von Xemxia bin ich dann wider auf die Straße gelangt und mit dem Bus 652, der von der Golden Bay kam und rappelvoll war, zurück nach Bugibba gefahren. Jetzt war ich gerade im Ort Pasta essen und ruhe mich noch ein bißchen aus.

horse

Letzte Wanderung (später am 04.05.)

So, jetzt ist mein Koffer gepackt, morgen früh um 5 Uhr piepst mein Wecker (hoffentlich). Heute nachmittag habe ich dann doch noch eine längere Wanderung unternommen, an der Salina Bay entlang, durch den Kennedy Grove zum Tal Qadi Tempel. Hurra, diesmal habe ich ihn gefunden, es gibt ihn wirklich! Er ist fast genau da, wo ich das letzte Mal schon gesucht hatte. Hübsche kleine Ruine, und ich war natürlich ganz alleine da. Dass der Junge von der Gärtnerei das aber nicht wußte, ist echt komisch, der Tempel liegt höchstens 50 m von der Gärtnerei weg.

talqadi

Danach bin ich dann an einer relativ befahrenen Straße Richtung Naxxar gelaufen, um mir noch ein paar Cart Ruts anzusehen, die auf meiner Karte vermerkt waren. Nachdem ich im Internet ja schon einige Photos von Cart Ruts gesehen hatte, war ich mir gar nicht so sicher, welche zu erkennen, wenn ich auf ihnen stehe, auf Photos wirken die immer eher wie zufällige Schrunden in unebenen Gesteinsflächen. Aber wenn man sie in Wirklichkeit vor sich sieht, sind sie schon deutlich als künstliche Formationen zu erkennen, vor allem dort, wo sie regelrechte Weichen bilden. Ich denke ja, dass es Schienen für die Steinkugeln waren, auf denen die Tempelbauer wohl ihre großen Steinblöcke bewegt haben, aber meist werden die Cart Ruts wohl eher in die Bronzezeit datiert.

cartruts

Danach habe ich dann versucht, einem Weg aus meinem Wanderführer zu folgen, was wohl ein Fehler war. Dafür habe ich aber mit eigenen Augen gesehen, daß es auf Malta Schlangen gibt. Eine habe ich nur gehört, die nächste dann auch gesehen, sie war zwischen 50 und 75 cm lang, vielleicht so dick wie mein Ringfinger und komplett schwarz. Der Weg war aber mal wieder eine Sackgasse. Also, ein Stück zurück und nochmal versuchen, diesmal war es dann richtig und eine Weile lief dann alles so, wie im Führer beschrieben. Bis dann irgendwo rechts und links vertauscht war. Ich wußte eigentlich schon beim Abbiegen, dass das nicht richtig sein konnte, aber man ist ja gutgläubig. Der Weg war außerdem sehr schön, er brachte mich nur überhaupt nicht dahin, wo ich eigentlich hin wollte, nämlich zurück Richtung Qawra. Statt dessen stieß ich nach einer ganzen Weile auf die Küstenstraße und auf eine Bushaltestelle.

Es kamen auch gleich zwei Busse und ich habe prompt den falschen angehalten, der fuhr nicht nach Bugibba, sondern nach St. Paul’s Bay. Aber trotzdem besser als nichts. Ich bin dann wieder am Kennedy Grove ausgestiegen und von da an der Bucht entlang zurückgelaufen. Um kurz vor sieben war ich wieder im Il Gallina.

gallina

Jetzt tun mir die Füße aber ernsthaft weh. Ich habe, nachdem ich meine Koffer gepackt hatte, noch schnell einmal die Badewanne genutzt, zu Hause habe ich ja wieder nur eine Dusche, außerdem hoffte ich, es würde meinen verkrampften Beinen gut tun, hat aber wohl nicht viel genutzt.

Minigallerie

Ein paar Bilder, die ich im Reisebericht nicht untergekriegt habe, die ich euch aber trotzdem nicht vorenthalten will:

michaelsDiese kleine entzückende Kirche heißt „St. Michael’s Church“ und befindet sich auf halber Strecke zwischen Qawra und Bur Marrad, ganz in der Nähe des Tal Qadi Tempels. Auch wenn sie recht verlassen aussieht, finden hier wohl jede Woche noch Gottesdienste statt. Dieses Bild ist mein Lieblingsfoto von der Maltareise.

rosesDieser Rosenbusch steht direkt neben dem Tal Qadi Tempel. Ist er nicht wunderschön? Ich fühlte mich, gerade durch die Nähe zur Ruine, geradezu ins Märchen Dornröschen versetzt.

marsaxlokkDer beschauliche kleine Fischerhafen von Marsaxlokk. Ein Bild, das in keinem Reiseführer zu Malta fehlen darf.

bouldersDiese Steine liegen am Tempel von Tarxien. Auch an anderen Tempelanlagen hat man sie gefunden. Wozu sie dienten ist nicht eindeutig geklärt. Wahrscheinlich wurden auf ihnen die riesigen Steinblöcke transportiert. Vielleicht stehen sie im Zusammenhang mit den „Cart Ruts“, den schienenartigen Steinrillen, die man an mehreren Stellen der Insel findet.

inlandIn unmittelbarer Nähe des Azure Windows liegt dieser kleine See, der vom Meerwasser gespeist wird. Seine einzige Verbindung zum offenen Meer ist er schmale Tunnel, den man hier sehen kann. Bei ruhiger See kann er von kleinen Booten passiert werden. Die sogenannte „Inland Sea“ bietet somit einen sehr gut geschützten kleinen Hafen.

backstreetAuch das ist Valetta: eine typische kleine Nebenstraße und Wäsche, die von den umbauten Balkonen hängt. Hier nicht zu sehen, weil die Mauer im Weg ist: Valetta ist am Reißbrett geplant und hat schnurgerade verlaufende Straßen, so dass man fast überall und in alle vier Himmelsrichtungen die Straßen entlang bis zum Meer schauen kann.