Ich habe ja länger nicht mehr über mein Golf geschrieben. Das liegt jetzt aber nicht daran, dass ich nicht gespielt habe, oder das Interesse verloren hätte, sondern eher daran, dass ich keine Sensationen zu vermelden hatte. (Also, genau genomen ist auf meinem Spielniveau eigentlich jeder gut getroffene Ball eine kleine Sensation, aber ich verstehe, dass niemand lesen will, wie das Holz 3 auf der 1 ein bisschen nach rechts zog, ich den Fehler dann haber mit einem perfekt getroffenen Hybrid im nächsten Schlag wieder ausgemerzt habe und pin-high auf dem Vorgrün landete, um von dort mit meinem ersten Putt … ihr versteht …)

Eigentlich hat mein Golf sich aber ganz schön weiter entwickelt. Selbst bei miesesten Winterbedingungen habe ich noch ganz passabel gespielt und spätestens seit meinem einwöchigen Golftrip nach Spanien mit der amp-Golfschule war ich eigentlich ziemlich zufrieden mit meinem Spiel und brannte darauf, endlich in einer vorgabewirksamen Runde mein Handicap zu verbessern. So langsam wurde die -54 nämlich peinlich, zumal ich ja selbst die nie in einem Turnier erspielt hatte, sondern sie automatisch mit der Platzreife verliehen bekommen habe (seit Januar diesen Jahres ist das anders, übrigens, die Neulinge, die jetzt anfangen, starten nach der Platzreifeprüfung erstmal ohne offizielles Handicap und müssen sich selbst die -54 erstmal erkämpfen). Ich hab ja vor etwa zwei Jahren mit dem Golfspielen angefangen und so langsam kommt man da an einem Punkt, an dem man als Entschuldigung nicht mehr sagen kann: ich bin Anfängerin, sondern einfach zugeben muss: ich bin eine miserable Golferin. Man erntet auch echt immer so mitleidige Blicke, wenn man mit einer -54 antritt und alle glauben, sie müssten einem erklären, welche Seite der Scorekarte oben ist, weil es ja bestimmt das allererste Turnier ist. Wenn man dann sagt: „Nee nee, ich habe schon ein paar Turniere mitgespielt und mich einfach nicht verbessert“, dann werden die Blicke noch mitleidiger und es folgt unweigerlich der Satz: „Vielleicht solltest du mal ein paar Trainerstunden nehmen“ (Sorry, folks, aber das ist ungefähr so taktvoll, wie eine mollige Frau zu fragen, im wie vielten Monat sie denn ist.)

Okay, ich saß also trotz Trainerstunden bei Peter Finch, amp-Golfkurs und konstanter Verbesserung in unseren wöchentlichen Privatrunden immer noch auf -54, hauptsächlich aus dem einfachen Grund, dass den Winter über keine vorgabewirksamen Turniere gespielt werden. Dabei hatte ich mir doch fest vorgenommen, mich im Laufe dieses Jahres auf -36 zu verbessern. An Pfingsten bot sich dann die Chance, wenigstens mal eine EDS-Runde anzumelden, weil meine Tante als Zählerin mitging. Und irgendwie waren mir die Golfgötter an diesem Tage hold. Ob es nun an meinen neuen Schlägern lag (ich habe einen neuen Driver und zwei neue Hölzer im Bag, alles Cobra … ich entwickele mich zu einem Cobra-Fan), an den Erdnüssen (seit Neuestem esses ich an jedem Loch Erdnüsse, um mein Energieniveau über die Runde zu halten) oder ob die registrierte Runde förderlich für meine Konzentration war … jedenfalls klappte (fast) alles. Ich habe selber ganz bewusst meinen Score nicht mitgezählt, weil ich nicht wollte, dass mich das ablenkt und ich in so „wenn ich jetzt hier noch eine 5 spiele und am nächsten Loch eine 6, dann …“-Szenarien verfalle. Dass ich gut gespielt hatte, war mir aber schon klar. Dass es meine bisher beste Runde war, eigentlich auch. Dass ich mich aber um exakt 18 Schläge unterspielt hatte und damit in einem Schlag auf meinem Zielhandicap von -36 gelandet war, das habe ich dann erst im Sekretariat so richtig begriffen. Jahresziel erreicht. Done and dusted, wie der Anglophile sagt. Wie cool ist das denn?

Jetzt werden EDS-Runden, die es auch noch gar nicht so lange gibt, von einigen Golfern immer noch eher als Mogel-Runden angesehen. Und selbst ich muss zugeben, dass es wahrscheinlich leichter ist, einfach entspannt gutes Golf zu spielen, wenn man mit Freunden oder Familie stressfrei am Samstag Nachmittag über den Platz schlendert, als wenn man im Turnier unter den wachsamen Augen von völlig Fremden spielt. Außerdem hatte ich so ein bisschend die Befürchtung, dass es sich bei der Runde um einen erfreulichen aber nicht notwendigerweise reproduzierbaren Ausrutscher gehandelt haben könnte und dass es jetzt Monate dauern könnte, bis ich eine ansatzweise ähnlich gute Runde spielen würde. 18 Schläge weniger benötigen zu dürfen, um auf die gleiche Punktzahl zu kommen, das ist schon eine Ansage.

Entsprechend erwartungsfrei bin ich dann meine nächste echte Turnierrunde am vergangenen Wochenende angegangen. Samstag war ich noch auf dem Platz, um ein bisschen zu üben (Slice-Bekämpfung mit dem Driver) und ein paar Löcher im milden Spätnachmittagslicht zu spielen. Das hat gut funktioniert und zumindest mein Selbstbewusstsein nicht beschädigt. Sonntag war es dann soweit: Monatspreis. Ich hatte einen sehr netten Flight und war eigentlich so gut wie gar nicht nervös. Ich hatte einen super Start, Bogey auf der 1 (was mir erst am Abend davor auf der Proberunde das erste Mal überhaupt gelungen war), Par auf der 2. Danach wurde es dann etwas durchwachsener, die 3 habe ich gestrichen, weil ich nicht aus dem Bunker gekommen bin, z.B. Aber ich habe mich immer wieder berappelt und streckenweise wirklich solides Golf gespielt. Am Ende habe ich mein neues Handicap genau bestätigt, also 36 Nettopunkte erspielt und bin in meiner Kategorie (Handicap 19,5 und schlechter, glaub ich) Zweite geworden. Darüber habe ich mich natürlich wahnsinnig gefreut. Zum einen, weil mir jetzt niemand nachsagen kann, ich hätte mir das Handicap durch die EDS-Runde irgendwie „ermogelt“ und zum anderen, weil ich mir selber bewiesen habe, dass ich die -36 wirklich reproduzierbar spielen kann und es sich nicht einfach nur um einen Freak-Accident gehandelt hat.

Mir ist klar, dass ich auch mit -36 golftechnisch immer noch eine ziemliche Null bin. Aber zumindest habe ich die Kategorie „völlig hoffnungsloser Fall“ damit hinter mir gelassen. Und das tut gut.

Im Juni fahre ich wieder für 10 Tage nach England zu Peter Finch für ein paar mehr Golfstunden. Und vielleicht schaffe ich ja mein zweites Ziel für dieses Golfjahr, nämlich eine Runde mit unter 100 Schlägen zu spielen, auch noch.

Als ich gerade so durch einige lange nicht geöffnete Verzeichnisse auf meiner Festplatte brauste … öh … browsde … oder wie immer das Neudeutsch heißt, stieß ich auf folgendes, bisher völlig unveröffentlichtes Gedicht. Genau genommen war mir total entfallen, dass ich das irgendwann mal geschrieben habe. Und da es mich, quasi gefühlt zum ersten Mal gelesen, zum Schmunzeln gebracht hat, will ich es euch nicht vorenthalten:

Mein Iglu hat ein Loch

Ein Fischer namens Pit,
der lebte bei den Innuit.
Er hatte selten Sorgen
bis zu jenem Morgen,
da wacht er auf und sagt „Oh Schreck,
mein Boot das hat ein Leck!“

Das Boot bleibt vorerst fest vertäut,
den Pit, den stört’s, die Fische freut’s,
und Pit ging, statt zu fischen,
erstmal einen zischen.
Da merkt er dann „So’n Dreck,
mein letztes Geld ist weg.“

Drum kam ihm in den Sinn:
„Ich leg mich wieder hin!“
Als er sich in die Falle haut
und gleich darauf zur Decke schaut,
sieht er zu allem Übel noch:
„Mein Iglu hat ein Loch“

 

Wenn mich ein Mann nach meinem Job fragt, dann läuft das in der Regel so:
„Was machst du denn beruflich?“
„Ich bin Softwareentwicklerin.“
„Oh … „ Kurzes Schweigen, dann, mit verständnisvollem Unterton: „Webdesign? HTML und so?“
„Nein, Messtechnik. C++“
„Oh …“ Diesmal dauert das Schweigen länger und der Herr sieht sich eilig nach einer neuen Gesprächspartnerin um. Weltbilderschüttern für Anfänger.

Heute las ich im online Magazin der Süddeutschen Zeitung diesen interessanten Artikel über die sechs Frauen, die ENIAC, den ersten universell einsetzbaren Computer programmiert haben. Auch schon gut 100 Jahre früher, als Charles Babbage eine mechanische Rechenmaschine entwarf, war es eine Frau, nämlich Ada Lovelace, die die ersten Algorithmen dafür zu Papier brachte. (Ada war übrigens die einzige legitime Tochter von Lord Byron … ja, richtig, dem „mad, bad and dangerous to know“ Byron, aber das nur am Rande.) Auch der erste Compiler wurde von einer Frau geschrieben, nämlich von Grace Hopper.

Frauen haben in der Softwareentwicklung also wirklich grundlegende Pionierarbeit geleistet. Es scheint, als seien Computer ursprünglich von Männern gebaut, aber von Frauen programmiert worden.  Wann und warum hat sich das geändert, warum werde ich heute angestarrt wie das Tier mit den zwei Köpfen und warum traut man Frauen in der Regel offenbar nur das Erstellen von hübschen Webseiten zu (wobei ich das als Leistung jetzt keinesfalls schmälern möchte, das ist eine Kunst für sich)?

Das ist keine Klage. Ich konnte schon immer ganz gut damit leben, Frau in einer Männerwelt zu sein. Ist ja irgendwie auch ein Alleinstellungsmerkmal und kann durchaus Vorteile haben. Es gibt Arbeitgeber, die ganz wild auf weibliche Angestellte in technischen Berufen sind. Und meine männlichen Kollegen kann ich in der Regel zügig überzeugen, dass ich schon weiß, was ich da tue. Ich frage mich nur, wann die allgemeine Wahrnehmung sich von „Programmieren ist Frauensache“ zu „Oh, eine Frau die mit Computern umgehen kann … das ist ja komisch“ geändert hat und was wohl der Grund dafür ist.

Männer mit gestreiften Schals sind mehrfach dabei beobachtet worden, wie sie im Fußballstadion Drohungen gegen den Schiedsrichter ausgestoßen haben. Wir lassen deswegen jetzt keine Männer mit gestreiften Schals mehr ins Stadion. Zwei blonde Frauen sind gestern im Kaufhof beim Diebstahl einer Damenstrumpfhose erwischt worden. Die Kaufhauskette hat daraufhin beschlossen, künftig keine blonden Frauen mehr in ihre Warenhäuser zu lassen. Trotz deutlicher Beschilderung lassen immer wieder Raucher auf den Bahnsteigen ihre Kippen außerhalb des Raucherbereichs fallen. Die Bahn hat darum beschlossen, dass Raucher in Zukunft pauschal nicht mehr befördert werden …

Blödsinn? Scheinbar nicht.

Echt, ich glaube es hackt. Natürlich ist es auf keinen Fall in Ordnung, wenn eine Frau im Schwimmbad belästigt wird. Wenn jemand sich im Schwimmbad jemand entsprechend daneben benimmt, dann kann man ein Hausverbot aussprechen. Gegen diese eine Person. Da die Flüchtlinge sich ja laut Artikel an der Kasse ausweisen müssen, um ihre Ermäßigung zu kriegen, lässt sich das ja wohl überprüfen. Und den einen Bengel lässt man dann halt nicht mehr rein. Aber man kann doch kein Generalverbot verhängen. Wo sind wir denn hier? Das ist jetzt von den „Für Juden verboten“ Schildern des dritten Reichs aber wirklich nur noch einen ganz kurzen Steinwurf entfernt.

Nachtrag vom 18.1.:

http://www.rp-online.de/nrw/panorama/bornheim-hebt-schwimmbad-verbot-fuer-fluechtlinge-wieder-auf-aid-1.5699699

Na bitte, geht doch.

 

Konsensfindung ist sehr schwierig. Das weiß ich aus früherer politischer Arbeit in anarchistischen Splittergruppen und aus endlosen Diskussionen in der WG-Küche. Bei letzteren ging es zum Beispiel um die erwünschte Temperatur in unserem Kühlschrank. Der eine wollte, dass seine Butter nicht immer so hart ist und der andere, dass sein Fleisch nicht vergammelt. Das hört sich lächerlich an, war es vielleicht auch, zeigt aber, dass eine Einigung über Klimaziele, egal in welcher Form, ausgesprochen schwierig ist. Insofern grenzt es wahrscheinlich wirklich an ein kleines Wunder, dass man sich in Paris auf einen Klimavertrag einigen konnte und verdient Lob und Anerkennung.

Allerdings nur solange, bis man genauer hinsieht. Denn im Endeffekt ist das Vertragswerk, dass da jetzt unterschrieben wurde, ziemlich unzureichend, um nicht zu sagen, total fürs Pferd und kann allenfalls als symbolischer Tropfen auf dem immer heißer werdenden Stein angesehen werden. Warum?

Vor allem die kleinen Inselstaaten, denen sprichwörtlich das Wasser bis zum Hals steht, haben darauf bestanden, dass das Ziel sein muss, die Erwärmung auf 1,5° C über vorindustriellem Durchschnittswert zu begrenzen. Das ist absolut verständlich, den Wissenschaftler sind sich schon lange einige, dass die 2° C, die bisher immer diskutiert wurden, ja eigentlich viel zu viel sind. Und wenn man sich anguckt, was das Wetter mit dem 1° C, das wir inzwischen erreicht haben, weltweit regelmäßig an Katastrophen veranstaltet, dann sieht man das auch schnell ein. Dafür braucht man nicht auf den Malediven oder in Tuvalu zu wohnen. Das betrifft nicht nur steigende Meeresspiegel durch schmelzendes Eis, sondern auch Übersäuerung der Meere, Schwund von nutzbaren Ackerflächen etc. Blöd ist eben nur, dass wir von den 1,5° C eben zwei Drittel schon „verbraucht“ haben. Klar, da haben wir so ca. 150 Jahre für gebraucht, aber dummerweise verläuft der Temperaturanstieg (ebenso wie der Anstieg unserer CO2 Emissionen) ja nicht linear. Es ist also nicht über 150 Jahre gleichmäßig immer wärmer geworden, sondern in der berühmten „Hockeystick“-Kurve erst ziemlich langsam und dann immer schneller. Wir haben also jetzt nicht etwa 75 Jahre, um die Entwicklung abzubremsen und das letzte halbe Grad zu verbrauchen. Eher so 10 bis 20.

Dazu kommt, und das wird eigentlich immer ignoriert, dass die Atmosphäre ein ziemlich großer Puffer ist. Das CO2, das wir heute ausstoßen, macht sich klimatechnisch erst in einigen Jahrzehnten so richtig bemerkbar. Das heißt, selbst wenn wir es schaffen würden, von jetzt auf gleich nicht mehr CO2 auszustoßen als abgebaut wird, würde die Temperatur noch weiter ansteigen. Vielleicht kein halbes Grad mehr, aber eben doch immer noch merklich. Unser Zeitfenster zu handeln ist also noch viel kürzer als die Hockeystick-Kurve glauben lässt. Und dabei sind jetzt Rückkopplungssysteme wie der Albedo-Effekt (weniger Gletscher- und Polareis führt zu mehr absorbiertem Sonnenlicht und noch schnellerem Temperaturanstieg) oder das Schmelzen von Methanhydratvorkommen (Methan ist ein noch deutlich klimaschädigenderes Gas als CO2) noch gar nicht eingerechnet.

Trotzdem gilt der neue Vertrag erst ab 2020 und die unterzeichnenden Staaten verpflichten sich, bis zur Mitte des Jahrhunderts den CO2 Ausstoß in ein Gleichgewicht zu bringen. Das wird für das 1,5° C Ziel mit Sicherheit zu spät sein. Wahrscheinlich sogar für 2° C. Aber es scheint ein absolutes Unding zu sein, Politiker egal welcher Nation dazu zu bewegen, einen Vertrag zu unterzeichnen, der tatsächlich schon in ihrer eigenen Legislaturperiode greifen würde.

Der Rest des Vertrages klingt ganz freundlich … die reichen Ländern sichern den Armen Unterstützung zu, alle sind sich einig, dass Mutter Erde geschützt werden muss … yaddayaddayadda … Wenn es an konkrete Zahlen oder Summen geht, wird es schon wieder schwierig. Von 100 Milliarden Dollar jährlich ist die Rede, die die Industriestaaten ab 2020 aufbringen sollen. Unterschreiben will man diese Zahl allerdings dann doch nicht, sie wurde vom verbindlichen Teil des Vertrages in den unverbindlichen zweiten Teil verschoben. Wir haben uns alle lieb und die Natur sowieso, aber Kosten soll es dann doch besser nichts.

Aber ist ein schwammiger und unzureichender Vertrag nicht trotzdem besser als gar keiner? Der Meinung scheinen ja die Medien zu sein, die den Klimavertrag vollmundig als „Wunder von Paris“ feiern. Der Papst soll auch ein Machtwort gesprochen haben.

Die Gefahr, die ich sehe, ist, dass sich ein Großteil der Menschheit jetzt auf diesem Vertrag ausruht. Wir haben doch eine Lösung gefunden, die Länder tun ja jetzt was … Klimawandel ist nicht mehr mein Problem. Sowohl auf privater wie auch auf politischer Ebene in den einzelnen Ländern. Solange die Klimaziele eingehalten werden, scheint alles in Butter, bis man sich dann in zwanzig Jahren noch einmal aufrafft und feststellt, dass es jetzt aber wirklich langsam Zeit wird.

Und die Republikaner in den USA überlegen jetzt schon, wie sie, sollten sie die Präsidentschaftswahl gewinnen, das Klimaabkommen kippen können, weil selbst diese Minimalvariante ihnen schon zu viel ist.

Es ist mal wieder Zeit für den Klassiker:
Treffen sich zwei Planeten. Sagt der eine: „Du siehst aber schlecht aus, was ist denn mit dir los?“
„Ach, hör auf … ich hab Homo Sapiens.“
„Mach dir nichts draus. Das geht vorbei!“

Okay, diejenigen unter euch, die gerne Skifahren, die werden das wahrscheinlich anders sehen, aber für mich bräuchten diese ganzen niedrigen Temperaturen, die Dunkelheit, die Tristesse, Glatteis und Niederschlag in gefrorener oder unverfrorener Form eigentlich gar nicht stattzufinden. Sogar auf Weihnachten und Silvester könnte ich ganz gut verzichten, ehrlich gesagt, obwohl mir um diese Jahreszeit immer wieder klar wird, warum die Wintersonnenwende in fast allen Kulturen so eine große Sache ist. Im Prinzip habe ich jetzt schon die Schnauze voll vom Winter, obwohl er, sowohl datumstechnisch wie auch metereologisch ja noch gar nicht so richtig angefangen hat. Vor allem das fehlende Tageslicht macht mich fertig. Ich habe mich jetzt wieder mit Johanniskrautkapseln eingedeckt. Soll ja angeblich helfen. Heller wird es davon draußen aber auch nicht.

Wichtigster Lichtblick der Woche ist eigentlich nur meine samstägliche Golfrunde, die bisher gottseidank immer noch stattfinden konnte. Genaugenommen hatte ich dabei sogar meistens ausgesprochenes Glück mit dem Wetter und zumindest für das kommende Wochenende sieht es auch wieder ganz okay aus auf der Wetterkarte. Sportliche Höchstleistungen und Längenrekorde sind zur Zeit bei Mattenabschlägen und völlig aufgeweichten Grüns und Fairways zwar nicht zu erwarten, aber dank neuer Schläger und eines inzwischen nach Umstellungsschwierigkeiten wieder halbwegs stabilen Schwungs habe ich in den letzten Wochen recht konstant gespielt.

Die beste Anschaffung der letzten Wochen waren aber nicht die Schläger (ein gebrauchter MacGregor V-Foil M455 Eisensatz von ebay, falls das jemanden interessiert … sehen aus wie etwas, was Hagrid in sein Golfbag stecken würde, fassen sich auch so an, helfen aber ungemein dabei, den Ball hoch und weit zu schlagen), sondern diese Puttingmatte. Ich übe jetzt ganz konsequent jeden Tag 120 Putts (je 30 für die vier verschiedenen Grüngeschwindigkeiten, die die Matte ermöglicht) und führe Statistik darüber, wie viele davon ich loche. Golf ist eine absolut tolle Sportart für Statistiken.

Und weil mir das Üben zu Hause so gut gefällt, hat der Gedanke an den eigenen Golfsimulator mich dann doch nicht losgelassen. Und gestern habe ich dann mal kreativ Möbel gerückt und die Harfe in die Küche gerettet und festgestellt: doch, das geht. Ich kann, zumindest mit einem langen Eisen, einen vollen Schwung machen, ohne irgendwelche Einrichtungsgegenstände zu zerdeppern. Allerdings muss ich dabei wirklich sorgfältig darauf achten, an genau der richtigen Stelle zu stehen und meine Schwungebene sozusagen parallel zur Dachschräge ausrichten.

Ein echter Golfsimulator wird es natürlich trotzdem nicht. Viel zu teuer und dafür müsste ich auch ein Fangnetz oder so für Bälle aufbauen. Aber es gibt dieses Launchpad mit fest verbundenem Ball. Das bietet neben der eigenen Trainingssoftware, die einem angeblich Daten zu Schlägerkopfgeschwindigkeit und -winkel liefert, auch die Möglichkeit, es mit einer älteren Version der EA PGA Tour Spiele zu verbinden. Wie gut, dass ich mir vor einiger Zeit ein Windows-Laptop gegönnt habe. Dann ist das wenigstens für etwas nütze. Also, das Launchpad habe ich gestern spontan bestellt. Kostet als B-Ware nur 100 €. Schenke ich mir selbst zu Nikolaus oder so. Einen Trainingseffekt erhoffe ich mir weniger, dazu ist das Ding wahrscheinlich zu ungenau. Mehr ein bisschen Ersatzbefriedigung in den eigenen vier Wänden, wenn es draußen zu dunkel und ungemütlich ist zum Golfspielen. Ich werde dann berichten, wie das so läuft.

Apropos berichten wie das so läuft. Ich wurde von Golfpost.de als Produkttesterin ausgewählt. Ich darf die Aero Spark Tees testen. Ein Grund mehr zu hoffen, dass das Wetter am Wochenende golftauglich wird. Aussehen tun die Dinger jedenfalls ganz nett.

Seit, im wahrsten Sinne des Wortes, Menschengedenken haben Menschen (genau wie alle anderen mobilen Bewohner dieses Planeten, übrigens, der uns allen gemeinsam gehört), sich immer dann, wenn die Nahrungssituation knapp wurde, Naturkatastrophen oder Kriege drohten oder es hinter dem Horizont einfach verlockend besser aussah, aufgemacht, um anderswo ein besseres Leben zu finden. Einzeln oder in Familienverbänden, mit oder ohne Gut und Habe. Aus dem Wald in die Savanne, dann immer den Mammuts hinterher nach Norden und im Laufe der Zeit auf die entlegendsten Inseln und in die tiefsten Täler.

Völkerwanderung heißt das im historischen Kontext, Flüchtlingskrise heißt das heute in den Medien. Egal wie man es nennt: Freizügigkeit ist ein fundamentales Grundrecht. Jeder Mensch (und jedes Tier und von mir aus auch jede Dattelpalme, aber die hat es mit dem Fortkommen schwerer) hat das Recht, sich auszusuchen, wo auf diesem Planeten er oder sie leben will. Warum? Ja, eben weil … ich finde das so selbstverständlich, dass mir gar keine Begründung dafür einfällt. Mir erscheint es viel absurder, das irgendwie unterbinden oder verbieten zu wollen. Warum zur Hölle denn nicht? Woher nehmen wir uns das Recht, Zäune zu bauen? Mauern, Grenzen? Auf welcher Grundlage entscheiden wir, wer wo wohnen und arbeiten darf?

Ich will ja gar nicht abstreiten, dass das Probleme mit sich bringt, oder zumindest ein gewisses Umdenken und Flexibilität erfordert. Aber ist eine Tatsache, dass wir keinerlei moralisches Recht haben, irgendjemandem die Einreise zu Verweigern oder jemanden in sein/ihr Heimatland zurück zu schicken. Vielleicht, ganz vielleicht, hätten wir ein Recht, unseren fleißig erarbeiteten Wohlstand für uns zu behalten und nicht zu teilen, wenn dieser Wohlstand tatsächlich hauptsächlich und größtenteils auf unserer eigenen Arbeit basieren würde. Tut er aber nicht. Unser Wohlstandsvorsprung gründet in Ausbeutung, Raub und Gewalt. In Jahrhunderten des Imperialismus und Kolonialismus und einem immer skrupelloseren Raubtierkapitalismus, der dafür sorgt, dass immer weniger Menschen immer mehr haben. Gegen das soziale Ungleichgewicht in der heutigen Welt waren Louis XVI und seine kuchenessende Marie-Antoinette mildtätige Bettelmönche.

Es ist also weder verwunderlich noch verwerflich, wenn ein Mensch aus dem Senegal, aus Afghanistan, aus Syrien oder aus Albanien beschließt, sein Glück lieber in Deutschland zu versuchen als in seinem oder ihrem Heimatland. Dabei ist es völlig egal, ob der Grund, diesen Schritt zu wagen nun politische Verfolgung, fallende Bomben oder einfach nur der Wunsch ist, sich vom Lohn für seine Arbeit eines Tages ein iPhone kaufen zu können.

Was mich hingegen verwundert und was ich zutiefst verwerflich finde, sind die primitiven Reaktionen, die ich immer häufiger auch von Menschen höre, denen ich es echt nicht zugetraut hätte. Am meisten geschockt hat mich vor ein paar Wochen ein Beitrag, der ausgerechnet über eine Nachhaltigkeits-Mailingliste innerhalb von Mensa kam. Das war echt der letzte Ort, wo ich so etwas vermutet hätte. Nicht nur, weil Mensaner ja nun per Definitionem über ein nicht unerhebliches Maß an Intelligenz verfügen, sondern auch, weil Nachhaltigkeit eigentlich keine politischen Grenzen kennen kann. Und ich rede hier nicht von einem gemäßigten „man muss auch mal die andere Seite sehen“-Posting, sondern von einer regelrechten Hass-Mail. Zur Verteidigung besagter Mailingliste sei gesagt, dass die Mehrzahl der Mitglieder sich sofort und rigoros vom Standpunkt des Ausgangsposts distanzierten. Es gab aber auch Antworten vom Kaliber: die syrischen Flüchtlinge seien schon ganz okay, aber die Albaner, die herkämen, seien alle Verbrecher. Dazu fällt mir nicht einmal mehr eine Erwiderung ein.

Heute stand ein Bericht in der rheinischen Post, dass der Volksverein gestern wegen einer Bombendrohung geräumt werden musste. Jemand hatte eine Tasche mit einem Zettel abgelegt, auf dem stand: „Im Gebäude befindet sich eine Bombe, weil Sie Flüchtlinge unterstützen“ Und der Philologenverband Sachsen-Anhalt warnt junge Mädchen vor Sex mit bildungsfernen muslimischen Jugendlichen. Ich bin jeden Tag auf’s neue fassungslos bei soviel Dummheit.

Also, ich würde euch ja jetzt wirklich gerne berichten, dass mein Golfspiel seit dem Urlaub in England revolutionär besser ist und ich einen niedrigen Rekordscore nach dem anderen breche. Leider ist dem nicht ganz so. Genaugenommen ist es eher zum Verzweifeln, denn wenn ich ehrlich bin, spiele ich jetzt schlechter als vorher. Und ich kapiere es nicht. Also, okay. Es ist Herbst. Es ist schwierig, elegante Bewegungen auszuführen, wenn man aussieht wie der Marshmallow-Mann. Und selbst wenn man das Fairway trifft, kann es einem passieren, dass man den Ball nicht wiederfindet. Es ist unglaublich, wie diese kleinen weißen Kugeln (die rosafarbenen versuche ich zur Zeit schongar nicht mehr) sich unter dem Laub verstecken können. Vielleicht werden die auch einfach von übereifrigen Eichhörnchen eingesammelt. Ich weiß es nicht. Jedenfalls sind die Ballverluste durch Nichtauffinden ziemlich hoch. Noch höher werden sie aber vor allem dadurch, dass ich eben meisten nicht das Fairway treffe, sondern wahlweise mit Banana-Slice nach rechts oder mit Power-Hook nach links in die Bäume spiele. Vorrausgesetzt, ich treffe den Ball vom Tee überhaupt, nicht mal das ist sicher. Ich bin also gefühlt wieder genau da, wo ich war, als ich vor mehreren Monaten in diesem Blog den allerersten Beitrag zum Thema Golf schrieb.

Also, ich weiß ja, dass der Ball im Winter nicht so weit fliegt wie im Sommer, aber erstmal abheben sollte er schon … sonst ist doof, denn rollen tut er ja im Moment auch nicht.

Das Verrückte daran ist, dass ich den Ball auf der Range jetzt wirklich besser treffe. Vor allem die Eisen fliegen da hervorragend. Und mein Gefühl für das kurze Spiel kommt auch langsam wieder. Vor allem mit dem Sandwedge gelingen mir wunderschöne Chips. Aber das nutzt einem ja alles nichts, wenn man schon acht Schläge braucht, um auch nur in die Nähe des Grüns zu kommen.

Als ich meinem Frust in meiner Email an Peter Finch Luft machte, war seine Antwort sinngemäß: nicht verzweifeln, weiterüben. Nur, selbst das ist um diese Jahreszeit ja leichter gesagt als getan. Das Zeitfenster, das ich auf dem Golfplatz verbringen kann, schrumpft wetter- und tageslichtbedingt von Woche zu Woche weiter zusammen. Es mangelt mir nicht an Motivation, wirklich nicht (dem aufmerksamen Lese dieses Blogs dürfte inzwischen klar sein, dass ich zur Zeit ziemlich golfbesessen bin), es mangelt einzig an Gelegenheit. Und das, obwohl die kalte und dunkle Jahrszeit doch gerade erst anfängt.

Aus lauter Verzweiflung habe ich mir jetzt eine Puttingmatte gekauft. Und übe jetzt jeden Abend zu Hause verbissen mindestens 100 Putts aus ungefähr 2,70 m Entfernung. Dabei kommt mein neuer (also, neu gebraucht gekauft natürlich) Slotline Putter zum Einsatz. Der ist total klasse. So gut, dass ich beschlossen habe, den jetzt auch auf dem Platz zu benutzen und meinen Komperdell Malletputer erstmal weg zu stellen. Muss ich den Putter eben jedes Wochenende hin und her tragen.

Dieses Üben zu Hause gefällt mir. Wenn ich irgendwie die Möglichkeit hätte, würde ich mir da auch einen preisgünstigen Golfsimulator hinstellen. Aber Ausholen mit dem Driver, das gibt mein Wohnzimmer einfach nicht her, ohne dass ich dabei den falschen Jugendstilkamin oder den Halogensternenhimmel demoliere.

Ansonsten ist es wieder mal November, also NaNoWriMo-Zeit. Und natürlich versuche ich auch dieses Jahr wieder, einen Roman in einem Monat zu schreiben. Worum es in diesem Jahr in meinem Roman geht? Na, um Golf natürlich 🙂

Ich liebe Golfvideos auf YouTube. Echt, ich bin total süchtig. Immer, wenn ich nicht auf den Platz kann, gucke ich stattdessen Videos: Mark Crossfield, MeAndMyGolf, Stephen Buzza, Matt&Brandon, Oliver Heuler, etc. etc. … ich kenne sie alle. Meine absoluten Favoriten sind aber schon seit einigen Monaten Rick Shiels und Peter Finch. Die beiden haben bis vor kurzem in Manchester unterrichtet, haben jetzt aber gemeinsam an der Lytham Golf Academy ein neues Studio gegründet.

Den Plan, irgendwann mal nach England zu fahren, um die beiden persönlich kennen zu lernen, hatte ich schon länger, muss aber zugeben, dass ich Manchester als Urlaubslocation jetzt nicht sooo verlockend fand. Außerdem habe ich im Frühjahr den Job gewechselt, war noch in der Probezeit und kam darum nicht wirklich weg. Aber jetzt passte alles und so habe ich dann Anfang Oktober die Gelegenheit ergriffen, für eine gute Woche nach Lytham St. Anne’s zu fahren (mit dem Zug, übrigens, weil keine günstigen Flüge mehr zu kriegen waren … der einzige Flug von Düsseldorf nach Manchester unter 500 €, den Expedia mir noch vorschlug, führte über Moskau und dauerte ca. 20 h, dabei weiß ich genau, dass da täglich ein Direktflug geht).

Eingemietet habe ich in einem kleinen B&B in St. Anne’s, Ad Astra, weil die relativ günstige Einzelzimmer hatten. War eine gute Wahl, kein Luxus natürlich, aber sehr freundliche Leute und einen angenehmen alternativen Touch (auf Wunsch vegetarisches oder sogar veganes Frühstück, Hunde durften mitgebracht werden … war für mich beides nicht relevant, gefiel mir aber so von der Grundeinstellung her). Lytham und St. Anne’s sind so typische Saison-Ferienorte … im Sommer wohl echt überlaufen, aber jetzt war da schon ziemlich tote Hose, was mir aber sehr recht war. Ich wollte ja vor allem eines: Golf spielen und Unterricht nehmen.

Ein bisschen nervös war ich vorher schon. Ich bin ja noch ziemliche Anfängerin, spiele immer noch von -54, und hatte totale Hemmungen, einfach mit meinem etwas absurden Sammelsurium an Golfschlägern irgendwo aufzuschlagen, um zu spielen. Neben Technik und Erfahrung fehlte mir vor allem eins: Selbstbewusstsein. Am ersten Tag habe ich mich dann auch nur sehr zögernd getraut, wenigstens mal zur Lytham Golf Academy zu fahren (im Prinzip eine öffentliche Driving Range) und ein paar Bälle zu schlagen. Die Stunden mit Peter waren erst später in der Woche angesetzt und er war an dem Tag auch nicht da, aber ich bin auf dem Parkplatz kurz Rick Shiels begegnet, der auch sofort wusste, wer ich war (sinngemäß „die verrückte Golferin aus Deutschland, die bei Pete ein paar Stunden nimmt“) und mir supernett gleich seine Telefonnummer anbot, damit ich um Hilfe rufen kann, falls ich meinen Bus verpasse und irgendwo in der Walachei stehe.

Den nächsten Tag habe ich mit Erkundung der Gegend verbracht, bevor ich mich dann am Dienstag endlich getraut habe, doch tatsächlich mal einen Golfplatz in Angriff zu nehmen. Eine fast eineinhalb stündige Busfahrt brachte mich nach Staining Lodge, zu einem pay&play Platz, der auf seiner Webseite betont, dass auch Anfänger sehr willkommen sind. Und das war auch so. Keinerlei Frage nach dem Handicap oder so, ich konnte einfach das mit 18 Pfund sehr günstige Greenfee entrichten und gleich losspielen. Der Platz hat in der Gegend nicht den besten Ruf und gilt als ungepflegt, was ich aber, nachdem ich ihn gespielt habe, so überhaupt nicht nachvollziehen kann. Er ist insgesamt noch nicht sehr alt und erst vor kurzem von 9 auf 18 Loch ausgebaut wurden. Das merkt man ihm ein bisschen an, es gibt, obwohl vom Charakter ein Parklandkurs, kaum Bäume. Die Fairways sind sehr breit (was ihn wirklich anfänger- und slicertauglich macht), allerdings ist das Gelände ziemlich hügelig, so dass man mit fiesen Balllagen am Hang in alle Richtungen zu kämpfen hat. Und die Grüns sind echt gemein, sehr stark onduliert und es ist echt schwierig, den Ball irgendwo in Fahnennähe zum Stoppen zu kriegen. Wochentags nachmittags war sehr wenig los und ich konnte in aller Ruhe meine topps, airshots und shanks spielen, ohne irgendwen aufzuhalten.

Durch diese Erfahrung dann schon etwas mutiger geworden, habe ich am nächsten Tag den Lytham Green Drive Golfkurs gespielt. Die haben ein vergünstigtes Sunset-Greenfee, das um diese Jahreszeit schon ab 14.30 Uhr gültig ist. Da kostet die 18-Loch Runde dann nur 15 Pfund. Es war fantastisch. Nicht nur, dass ich da, obwohl es kein ganz einfacher Platz ist, die beste Golfrunde meines bisherigen Golferlebens spielte, ich hatte, von ein paar Fasanen, Hasen und Eichhörnchen abgesehen, den Platz auf den Back 9 auch komplett für mich alleine. Und das alles im Licht einer langsam versinkenden Herbstsonne. Ehrlich, alleine diese eine Golfrunde wäre die ganze Reise wert gewesen.

Überhaupt, das Wetter: ich war ja etwas skeptisch … Anfang Oktober zum Golfen nach England, das klingt witterungsmäßig schon eher mutig. Aber es war großartig. Ich hatte sehr viel Sonne und die wenigen Regengüsse, die es in der Woche gab, hbe ich immer verpasst, weil ich gerade im Bus oder irgendwo beim Tee saß.

Donnerstags hatte ich dann meine erste Doppelstunde bei Peter Finch. Ich war schon eine gute Stunde vor Beginn in der Lytham Golf Academy, um mich einzuschlagen (was in diesem Falle hieß, 100 Bälle mit verschiedenen Schlägern zu slicen … es war ein Krampf … dabei hatte ich doch am Tag davor so gut gespielt). Pete fragte mich dann erstmal nach bisheriger Erfahrung und meinen Zielen (wobei mein wichtigstes Ziel wirklich einfach war, den Ball sicherer und sauberer zu treffen und dadurch ein bisschen mehr Selbstbewusstsein zu gewinnen). Dann ließ er mich jeweils mit Sandwedge, Eisen 9, Eisen 7 und Driver ein paar Bälle schlagen. Rick und Pete haben sich ihr Studio gerade ganz frisch neu eingerichtet und neben GC2 Launchmonitor und Flightscope gibt es da jetzt auch zwei Hochgeschwindigkeitskameras und mehrere große Bildschirme, auf denen man die so zusammengetragenen Daten dann auch gleich sehen kann. Das war ziemlich cool, zumal mein Schwung weniger schlimm aussah, als ich das so gedacht hätte. Pete’s erste Maßnahme war, meinen Griff zu verstärken. Das fühlte sich erstmal fremd an, war aber eine Korrektur, die recht einfach umzusetzen war. Danach ging es an die Handgelenke, die ich eben, statt sie einfach nur anzuwinkeln, Dustin Johnson-artig nach hinten beuge. Das mache ich natürlich nicht absichtlich, das ergab sich einfach so … Weg des geringsten Widerstandes, glaube ich. Das im Rückschwung zu korrigieren, fand ich auch noch ziemlich einfach, sah dann auf dem Bildschirm auch gleich besser aus, aber das Schlägerblatt von da dann square an den Ball zu bringen, war dann plötzlich nicht mehr so leicht, weil ich halt vorher beim Durchschwingen immer noch so einen Schlenker mit dem Handgelenk gemacht habe, den ich jetzt nicht mehr brauche. Aber so nach einer halben bis dreiviertel Stunde klappte das auch so leidlich und Pete war da erstmal zufrieden mit mir.

Der nächste Puntk war, dass ich mich im Rückschwung aufrichte und erstens Energie verliere und es mir zweitens sehr schwer mache, im Durchschwung dann sauber wieder zurück zu kommen. Da haben wir angefangen, dran zu arbeiten, sind aber nicht so wahnsinnig weit gekommen, bevor die Stunde um war.

Zu dem Zweitpunkt war ich schon ziemlich k.o. und wäre vernünftigerweise einfach ins B&B gefahren, um mich auszuruhen. Aber das Wetter war so schön und der Lytham Green Drive Golfkurs lag quasi auf meinem Nachhauseweg. Und so habe ich dann beschlossen, den einfach noch einmal zu spielen. Erwartungsgemäß klappte das weniger gut als am Vortag, denn in meinem Kopf herrschte schwungmäßg jetzt ziemliches Chaos und die Müdigkeit tat das ihrige dazu. Aber ich habe in John und George, zwei Mitgliedern, die den Platz jeden Donnerstag spielen, zwei sehr nette Flightpartner gefunden und habe die Runde so trotzdem sehr genossen. John hat mich danach netterweise sogar noch zu meinem B&B zurückgefahren.

Die Überanstrengung rächte sich allerdings dann ziemlich bitterlich. Die Nacht zum Freitag habe ich mit Fieber und Schüttelfrost wachgelegen, offensichtlich hatte ich mir eine Erkältung eingefangen. Am nächsten Morgen fühlte ich mich so schlapp, dass ich kaum aus dem Bett kam. Und das, obwohl für diesen Tag meine Playinglesson auf dem St. Anne’s Old Links angesetzt war. Der Höhepunkt meines Urlaubs, sozusagen. Hingegangen bin ich natürlich trotzdem. Als ich Pete gesagt habe, wie mies ich mich fühle, hat er dankbarerweise einen Buggy besorgt. So musste ich wenigstens nicht laufen und mein Bag nicht schleppen. Erfreulicherweise war es außerdem völlig windstill, was einen großen Schwierigkeitsfaktor des Platzes einfach eliminierte. Die ersten paar Löcher habe ich noch ganz ordentlich gespielt, ich erinnere mich, dass ich auf einem sehr langen Par5 ein Bogey gespielt habe und ein weiteres auf einem Par4, aber dann war irgendwann der Ofen aus und ich konnte kaum noch den Schläger heben. Irgendwie habe ich mich trotzdem durch die 9 Löcher gekämpt. Der Platz ist ohne Wind wirklich nicht so schwierig, aber das Rough ist absolut tödlich. Ehrlich: keine Experimente, kürzesten Weg zum Fairway suchen und mit Wedge oder höchstens Eisen 9 rauspitchen. Alles andere ist zum Scheitern verurteilt, zumindest bei einem Schwächling wie mir. An die einzelnen Bahnen habe ich kaum Erinnerung, nur Loch 9, ein mittellanges Par3 ist mir im Gedächtnis geblieben. Das ist wirklich ziemlich spektakulär, weil man das Grün zwischen den Dünen vom Tee aus nicht wirklich sehen kann. Einfach aufs Clubhaus zielen, das passt schon 🙂 Pete hat mich dann nach Hause gefahren und ich bin nur noch erschöpft ins Bett geklappt.

Samstag war ich schon wieder etwas fitter und machte mich vollmotiviert zu meiner zweiten und letzten Doppelstunde auf. Diesmal ging es hauptsächlich darum, meinen Rückschwung zu verkürzen und damit die Aufrichtung im Oberkörper auszumerzen. Ich habe jetzt wirklich das Gefühl, dass ich höchstens noch halb aushole, aber auf dem Bildschirm war eindeutig zu sehen, dass der Schläger hinter meinem Kopf waagerecht zum Boden ist. Dann gab Pete mir noch ein paar Tipps zum Chippen und Putten. Außerdem habe ich ihm, während ich gefühlt ungefähr 100 Bälle mit Eisen 7 geschlagen habe, meine Lebensgeschichte erzählt. Das war schon ein bisschen surreal … ich hatte vorher noch nie versucht, gleichzeitig zu reden und Golfbälle zu schlagen. Klappte aber erstaunlich gut.

Den restlichen Tag habe ich mir Ruhe gegönnt. Lediglich den Minilinks-Platz in St. Anne’s habe ich noch gespielt. Das ist ein niedlicher 18-Loch Pitch&Putt Platz, der sich wirklich spielt wie ein ganz kleiner Links-Platz. Die Bahnen sind sehr kurz (ich schätze mal, die längsten so um 60 m), aber trotzdem eine Herausforderung, denn die Grüns sind winzig und das Rough ist auch hier nicht ganz ohne. Ich finde es schade, dass wir solche Plätze in Deutschland so wenig haben.

Sonntag war mein letzter Tag, da bin ich noch einmal in die Lytham Golf Academy gefahren, um ein bisschen zu üben, habe noch einen kurzen Plausch mit Rick Shiels gehalten, der mich dann auch noch einmal aufforderte, ein paar Bälle für ihn zu schlagen und ihm zu zeigen, woran ich mit Pete gearbeitet habe. Mann, was war ich nervös, ich kann doch nicht, wenn einer guckt 🙂 Hat aber ganz gut geklappt. Danach habe ich dann noch ein drittes Mal Lytham Green Drive gespielt, diesmal wieder ganz alleine. Leider konnte ich mein gutes Ergebnis vom Mittwoch aber nicht wiederholen. Und montags brachte mich dann eine ca. 11 stündige Zugfahrt wieder nach Hause, wo mich kaltes und ausgesprochen scheußliches Wetter erwartete.

Insgesamt war der Urlaub ein unglaublich tolles Erlebnis für mich. Ich bin ziemlich sicher, dass mein Schwung deutlich stabiler und sicherer geworden ist. Auf jeden Fall ist mein Selbstbewusstsein auf dem Golfplatz gestiegen. Vorgestern habe ich auf meinem Heimatplatz mit zwei ziemlich guten Spielern gespielt, die ich vorher nicht kannte, und das hätte mich noch vor drei Wochen so nervös gemacht, dass ich keinen Ball getroffen hätte. Jetzt aber konnte ich mein Handicap auf den sieben Löchern (für mehr hatte ich keine Zeit, weil ich meinen Zug kriegen musste) um drei unterspielen und habe auf dem letzten Loch sogar ein Par gespielt. Alles sehr motivierend. Ich werde so eine Tour auf jeden Fall nächstes Jahr wieder machen.

Und weil mich ja nun die YouTube-Guckerei zu der ganzen Tour motiviert hat, habe ich diesmal auch selbst zur Kamera gegriffen und ein Reisevlog gefilmt … jeden Tag eine kleine Folge, so zwischen 3 und 10 Minuten. Da darf man jetzt allerdings keine Schicki-Micki Reisedoku erwarten. Ist wirklich mehr ein persönliches Tagebuch. Aber ein paar Eindrücke von den gespielten Golfplätzen und dem ganzen Drumherum gibt es natürlich trotzdem.

Am Wochenende hatte ich wieder mal das Vergnügen, an einem Golfturnier teilzunehmen, nämlich dem Newcomer Cup, bei dem die Anfänger mit ein paar richtig guten Spielern zusammengewürfelt und auf den Platz losgelassen werden. Nach den eher leidvollen Erfahrungen bei den beiden After-Work-Turnieren, über die ich hier ja ausführlich berichtet habe (wobei das Leid, das will ich nochmal betonen, einzig durch meine Inkompetenz und nicht etwa durch Veranstalter oder Mitspieler verursacht wurde), war es diesmal wirklich super. Das lag jetzt aber nicht etwa daran, dass ich quasi über Nacht zu einer besseren Spielerin mutiert wäre. Nein, Schuld war hauptsächlich die Spielform. Vielleicht erinnert ihr euch, dass ich vor einiger Zeit einmal den Wunsch nach Huckepack-Golf geäußert habe. Also in Prinzip: ein Longhitter bringt mich bis zum Grün und ich mach dann da weiter. Das gibt es so ähnlich wirklich. Die Lösung für alle meine Golfprobleme meine Damen und Herren (okay, vielleicht nicht alle, aber die vordringlichsten) heißt: Scramble 🙂

Scramble bedeutet, dass alle Spieler eines Flights zusammen spielen. Das funktioniert so, dass alle einen Ball abschlagen. Dann sucht die Gruppe sich gemeinsam den besten Ball aus und alle spielen von der Stelle weiter (wobei wir das jetzt in der Variante gespielt haben, dass diejenige, deren Ball ausgesucht wurde, dann aussetzen musste). Dann wird wieder der beste Ball ausgesucht und so weiter. Putten dürfen auf dem Grün dann auch wieder alle. Das vereinfacht das Spiel natürlich ungemein. Schlechte Schläge kann man gleich vergessen, die werden einfach nicht ausgewählt, brauchen einen dann also auch nicht mehr zu belasten. Die Gefahr, dass man also beispielsweise aus dem Bunker schlagen muss, ist sehr gering (da müssten schon alle vier bzw. drei Schlagberechtigten Murks gemacht haben). Ich kann mich an mindestens vier richtig katastrophale Schläge erinnern und an etliche weitere schwache, die mich im normalen Spiel schon wieder nahe an die Verzweiflungsgrenze gebracht hätten. War aber ja egal und hat mich darum auch gar nicht groß gestört oder meine Spielfreude getrübt.

Mit in meinem Flight spielte Silvia (mit Handicap 54 ebenfalls eine Einsteigerin) und meine Mutter, die zwar schon länger golft, aber sich mit Handicap 37 auch noch knapp im Bereich der Clubvorgaben aufhält. Aber als As im Ärmel hatten wir dann Dominique im Flight, die unsere amtierende Clubmeisterin ist und deren Handicap bei 4kommairgendwas liegt. Damit dürfte auch klar sein, warum die Spielerin, deren Ball gewählt wird, aussetzen muss. Sonst hätte Dominique die Runde nämlich einfach alleine bestreiten können und wir anderen hätten rein zu Dekorationszwecken ab und zu einen Ball seitlich in die Büsche geschlagen. (Und ehrlicher- und irgendwie peinlicherweise muss man ja einräumen, dass sie die Runde alleine wahrscheinlich noch besser gespielt hätte als mit unserer „Hilfe“). So wie die Dinge lagen war es jetzt meistens so, dass Dominique einen unglaublich weiten Abschlag in Bereiche des Fairways kloppte, die ich noch nie von Nahem gesehen hatte (weil ich ja, wir erinnern uns, spätestens mit dem zweiten Schlag die landschaftlich schöne Route einschlage). Beim zweiten Schlag musste sie dann aussetzen und eine von uns Anfängerinnen beförderte den Ball mehr schlecht als recht 50 bis 100 Meter weiter Richtung Grün. Dann schlug Dominique den Ball neben die Fahne und wir unsere ins Wasser, in einen Bunker oder wo auch immer der sonst nicht hin sollte. (Ich übertreibe hier etwas zugunsten der Dramatik … eigentlich haben wir etlich schöne Schläge gemacht, über die wir uns in einer normalen Runde unglaublich gefreut hätten … sie waren halt nur selten gut genug). Aber beim Putten waren wir dann tatsächlich ziemlich ebenbürtig, würde ich sagen. Vor allem Silvia erwies sich als eine sprichwörtliche Bank, die jeden langen Putt zuverlässig auf tap-in Distanz an die Fahne legte.

Um die Sache noch einfacher zu machen, wurde aus unseren Handicaps einfach der Durchschnitt gebildet. Und der ist, wenn man drei Anfänger und eine sehr gute Spielerin zusammensteckt, immer noch sehr hoch. Bei uns war das 42. Das führt dann zu sagenhaften Stableford-Punktzahlen. Wir haben so auf 18 Loch 69 Stablefordpuntke zusammen gespielt. Und damit haben wir nicht einmal gewonnen, weil zwei andere Flights jeweils 70 Punkte erspielt haben. Unser Ergebnis entsprach 27 Bruttopunkten, also einer Runde 9 über Par. Das kann sich, auch unabhängig vom Handicap, durchaus schon Golf nennen, finde ich. Also, Problem gelöst, Golf ist doch ganz einfach, man muss nur die Regeln etwas modifizieren (und mit der Clubmeisterin spielen) 🙂

Es war auf jeden Fall eine sehr nette, kurzweilige Runde, die ich sehr genossen habe und die mein Selbstbewusstsein doch etwas gehoben hat. Immerhin haben wir zweimal meinen Tee-Shot ausgewählt, ich habe einen mittellangen Birdieputt gelocht und einen wirklich schönen 120 m Annäherungsschlag mit dem Holz5 gemacht. Und das ist gut so, denn am kommenen Samstag fahre ich in meinen ersten „Golfurlaub“, nach Lytham St. Anne’s. Ich werde dann live vor Ort berichten, wie ich da so klarkomme.

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