Ich versuche ja im Allgemeinen, meinen Feminismus ein bisschen im Zaum zu halten und rege mich nur selten öffentlich über die Absurditäten einer immer noch schwer männerdominierten Welt auf, aber manchmal kann ich dann doch nicht an mich halten.

In Amerika ist jetzt ein Medikament zugelassen worden, dass als „Viagra für die Frau“ bezeichnet wird, eine Pille, die das weibliche Lustempfinden steigern soll, vorzugsweise bei Frauen, die vor Einsetzen der Wechseljahre an sexueller Unlust „leiden“. Etwa jede dritte Frau sei von dem Problem betroffen, behaupten Mediziner. Ich behaupte jetzt einfach mal, dass diese Mediziner vorzugsweise männlich sind. Denn um eines mal ganz klar zu stellen: wenn ich keine Lust auf Sex habe und in der Folge dann auch kein Sex, dann macht mich das generell überhaupt nicht betroffen. Es ist auch kein Problem. Es entgeht mir nämlich nichts, wenn ich in der Zeit dann stattdessen ein gutes Buch lese, bei einem leckeren Bierchen entspanne oder es mir sonstwie gut gehen lasse. Leiden tut hier allenfalls ein eventuell vorhandener Partner, der dann in die Röhre schaut. In diesem Falle empfehle ich das Hinzuziehen geeigneter bebilderter Druckerzeugnisse oder entsprechenden Filmmaterials kombiniert mit dem Einsatz der eigenen Hände. Der beste Sex findet eh im Kopf statt.

Die bloße Behauptung, dass mit einem Drittel aller Frauen etwas nicht stimmt, nur weil sie keine Lust haben, mit ihren wahrscheinlich auch schon etwas abgenutzten und in die Jahre gekommenen Partnern weiterhin regelmäßig in die Kiste zu steigen ist, kurz gesagt, eine Unverschämtheit. Dagegen eine Pille zu nehmen ist genauso sinnvoll, wie sich den Kerl schönzusaufen. Vielleicht sollte er eher in eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio investieren. Aber bitte ohne Anabolika, denn sonst kann er nachher nicht mehr, falls sie dann doch wieder Lust auf seinen jetzt muskelgestählten Körper kriegt.

Der grundsätzliche Unterschied zu Viagra ist doch der: der typische Viagra-Nutzer will unbedingt Sex, kriegt aber keinen hoch. Die anvisierte Zielgruppe der neuen Sexpille will aber gar keinen Sex … wer keine Lust hat, hat eben keine Lust. So einfach ist das. Der Bedarf ensteht hier allenfalls durch Druck durch den sexuell frustrierten Partner oder durch das von den Medien vermittelte Bild, dass Frauen eigentlich alle Nymphomaninnen sind, die sich nichts Schöneres vorstellen können als den Austausch von Körperflüssigkeiten.

Ich will hier gar nicht erst von Nebenwirkungen, Eingriff in den Hormonhaushalt etc. anfangen. Nicht das konkrete Medikament ist das Problem, sondern die Tatsache, dass hier überhaupt ein Behandlungsbedarf für etwas konstruiert wird, was keine Krankheit oder medizinische Auffälligkeit darstellt, sondern schlicht den Normalfall. Es ist völlig okay, keinen Sex zu haben, wenn einem nicht danach ist.